Schloss Biesdorf: Die Richtung stimmt

Fünf Jahre nach dem denkmalgerechten Wiederaufbau

Schloss Biesdorf: Die Richtung stimmt

Es war lange Zeit ein Sorgenkind des Bezirks, doch zuletzt ging es weniger turbulent zu und die Erfolgsmeldungen häuften sich. Schloss Biesdorf strahlt – mehr und mehr auch über die Bezirksgrenzen hinaus. Aus der einstigen Ruine mit unzähligen wechselnden Nutzungen ist ein attraktiver Kulturort geworden. Jährlich 120.000 Gäste in präpandemischen Zeiten sprechen eine deutliche Sprache. Mitte September nahmen Kulturstadträtin Juliane Witt (Linke) und der Vorsitzende des Vereins „Freunde Schloss Biesdorf“, Dr. Heinrich Niemann, fünf Jahre Wiederaufbau zum Anlass, um bei einer Podiumsdiskussion auf die jüngere Vergangenheit der über 150 Jahre alten Turmvilla zurückzuschauen und über Zukunftsaussichten zu diskutieren.

GmbH im Schloss. Keine anderthalb Jahre nach der aufwendigen Rekonstruktion und Wiedereröffnung des Hauses hatte das neu als Betreiber angetretene landeseigene Unternehmen durchgehalten, ehe es den Vertrag mit dem Bezirk vorzeitig wieder kündigte und Knall auf Fall aus der Villa auszog. Eine „Nacht- und Nebelaktion“ sei das damals gewesen, sagt Karin Scheel, die spontan einsprang und seit März 2018 das Schloss als kommunale Galerie leitet. „Wir haben seither das Programm entsprechend den Förderrichtlinien weiterentwickelt und die Taktzahl erhöht“, so Scheel. Neben sechs bis acht Ausstellungen im Jahr gibt es zahlreiche Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerte, Theateraufführungen, Kabarett und Vorträge – teilweise von und mit Partnerinstitutionen. Dazu zählen die Musik- und die Volkshochschule ebenso wie das Stadtteilzentrum und die Schloss-Freunde. Führungen am Wochenende und ein umfangreiches Angebot zur Kunstvermittlung unter der Leitung von Fenja Franz ergänzen das Programm. Mit letzterem werde laut Karin Scheel ein berlinweit eher stiefmütterlich behandelter Bereich stark in Biesdorf repräsentiert. Alles in allem sei sie sehr zufrieden mit der Entwicklung. „Unser Konzept geht auf, weil es in die Breite geht. Dass dieser Ort angenommen wird, merkt man überall.“ Neuerdings ist das Schloss auch Mitglied im Landesverband der Museen zu Berlin.

 

Dass Kunstinteressierte zunehmend den Weg aus der Innenstadt nach Biesdorf finden, sei vor allem Verdienst der in der Szene gut vernetzten Galeristin, meint Künstlerin Ute Weiss Leder: „Als Karin Scheel hier zur Leiterin ernannt wurde, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer in der Stadt.“ Scheel habe es bereits an früheren Stationen verstanden, die Leute in den Außenbezirk zu locken. Ob Galerie HO oder später Galerie M – „Sie schaffte es mit ihren Konzepten immer, uns alle nach Marzahn-Hellersdorf zu bewegen.“ Weiss Leder wünscht Biesdorf „weiterhin so tolle Ausstellungen“.

Dabei gilt es nach wie vor, zeitgenössische Kunst Seite an Seite mit DDR-Auftragskunst aus dem Kunstarchiv Beeskow zu zeigen. Hieran sind nämlich die Millionenförderungen geknüpft, mit denen die herrschaftliche Villa an der B1 von 2013 bis 2016 denkmalgerecht saniert wurde. „Man kann die Kunst aus Beeskow nicht zeigen, ohne sie zu kommentieren, weil viele die Zusammenhänge gar nicht mehr kennen“, erläutert Dr. Angelika Weißbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Kunstarchivs, das neuerdings unter der Dachmarke „Museum Utopie und Alltag“ firmiert. Indem die Werke in Bezug zur Gegenwartskunst gesetzt werden, „möglichst auch im internationalen Kontext“, könne man sich so manche Erklärung ersparen. Für die Zukunft wünscht sie sich die eine oder andere Open-Air-Ausstellung im Schlosspark.

 

20 JAHRE SCHLOSS-FREUNDE 

Für den Park wiederum ist Andreas Lemmer als Leiter des Grünflächenamts zuständig. Er berichtet am Abend von der Schlossteich-Sanierung, für die es noch kein grünes Licht von der Denkmal- und der Naturschutzbehörde gibt. Weiter vorangeschritten sind da schon die Pläne für ein neues Wegeleitsystem: „Ich denke, wir werden in den nächsten Monaten die Ergebnisse präsentieren können.“ Für Oktober kündigt Lemmer die Instandsetzung des Schiff-Spielplatzes nahe dem Park an. Im Zuge der umfangreichen Reparaturarbeiten wird auch der Weg zum S-Bahnhof saniert.

Neben Lemmer im Podium sitzt Axel Matthies, Vorstandmitglied der „Freunde Schloss Biesdorf“. Sein Verein hat einst die Sanierung des Gebäudes angeschoben, besteht seit nunmehr 20 Jahren und sieht sich noch längst nicht am Ende seines Engagements. „Wir werden auch weiter Anregungen geben, an der Entwicklung des Schlosses mitarbeiten und nicht nur schwadronieren“, so Matthies. Unter anderem fordert der Verein eine stärkere Würdigung des Malers Otto Nagel und seiner Verdienste im Bezirk sowie die Realisierung der ursprünglich für 2020 angekündigten großen Retrospektive.

 

BILDER BRAUCHEN WOHLFÜHLKLIMA

Die Ausstellung muss allerdings noch warten, weil einige Leihgeber ihre kostbaren Bilder nicht rausrücken, ehe in den Schlossräumen eine spezielle Klimatechnik installiert ist. Noch fehlten dafür die Mittel, eine mögliche Geldquelle habe der Bezirk aber schon in Aussicht, bemerkt Kulturamtsleiter Nicolas Vecchini. Mit der Klimaanlage, die dafür sorgen soll, dass Temperatur und Luftfeuchtigkeit stabil bleiben, könne das Haus sein ganzes Potenzial entfalten, meint Vecchini. „Wir wären in der Lage, Kunstwerke aus allen Hauptstädten der Welt zu uns in den Bezirk zu holen und hier in Schloss Biesdorf ausstellen.“ Er persönlich könne sich die Villa auch als Außenstelle des Standesamts vorstellen und habe auch sonst noch einige Bilder und Ideen im Kopf, um gemeinsam mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus dem Ort „ein Traumschloss“ zu machen.