Mehr Einwohner, wachsende Aufgaben

Marzahn-Hellersdorfs Bezirksstadträtin Juliane Witt im Interview

Mehr Einwohner, wachsende Aufgaben

Berlin wächst und wächst. Marzahn-Hellersdorf bildet da keine Ausnahme. Schnurstracks bewegt sich der Bezirk auf die 270.000-Einwohner-Marke zu. Das ist zunächst einmal erfreulich, bringt aber auch Probleme mit sich. Es fehlen Kitas, Schulen und Wohnungen. Auf den Straßen und in den „Öffis“ wird es enger. Bürger ärgern sich in Arztpraxen oder auf Ämtern über lange Wartezeiten.

Welche Themen sie aktuell besonders beschäftigen, verrät Stadträtin Juliane Witt (Linke) im Interview mit der „Hellersdorfer“. Sie ist im Bezirk für die Ressorts Weiterbildung, Kultur, Soziales und Facility Management zuständig.


Der berlinweite Aufschwung stellt Politik und Verwaltung vor große Herausforderungen. Womit setzen sie sich aktuell ganz intensiv auseinander?

Zunächst einmal werden wir in der Verwaltung mehr Personal einstellen müssen, um mit den steigenden Bedarfen des Bezirks Schritt halten zu können. Und diese Fachkräfte brauchen dann auch angemessene Arbeitsbedingungen. Eine wichtige Aufgabe wird es daher sein, Räume zu schaffen und effizient auszunutzen, damit das Bezirksamt gute Arbeit leisten kann. Die vergangene Legislaturperiode stand noch unter den Zeichen des vom rot-schwarzen Senat verordneten Stellenabbaus. Da hieß es, Rathäuser und Dienstgebäude müssten in Größenordnungen veräußert werden, weil sie nicht mehr gebraucht würden.

 

Der Senat hat ein Programm für die Renovierung kommunaler Verwaltungsgebäude aufgelegt. Unser Bezirk profitiert davon. 

Jahrelang haben wir uns um die Finanzierung bemüht, nun stellt das Land Berlin 22 Millionen Euro für die Sanierung des alten Marzahner Rathauses am Helene-Weigel-Platz zur Verfügung.  Das ist eine gute Nachricht und unser Baubereich freut sich sehr auf dieses Projekt. Ich gehe davon aus, dass wir die Planung bereits im Herbst europaweit ausschreiben können. Vor 2020 ist mit einem Baubeginn aber nicht zu rechnen.

 

Was ist mit dem Haus der Gesundheit?

Da ist unsere Zielrichtung klar. Die Planungen sind auch schon weit fortgeschritten. Wir übertragen das Objekt der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), um es sanieren zu lassen und mieten es dann als Dienstgebäude zurück. Dort wird wieder das Gesundheitsamt einziehen. Aktuell tüfteln wir an weiteren kleineren Maßnahmen, um unsere Beschäftigten vernünftig unterzubringen.

 

Themenwechsel Schulbauoffensive: die soll in diesem Jahr an Fahrt aufnehmen. Sind Sie bereit?

Es haben bereits viele Sanierungen begonnen, aber sicher müssen wir die kommenden Jahre gehörig aufs Tempo drücken. Positiv ist, dass sich der Bezirk mit dem Senat nun abschließend auf eine Liste von Schulstandorten verständigen konnte, die das Land bebauen wird. Dazu gehören die Oberschule in Mahlsdorf, die Grundschulen in der Weißenfelser­ und in der Erich-Kästner-Straße, die Oberschule in der Haltoner Straße und die Grundschule in der Elsenstraße.

 

Zur Bewältigung des Sanierungsstaus, der in Marzahn-Hellersdorf auf 151 Millionen Euro beziffert wird, wollen die Bezirke künftig in sogenannten Regionalverbünden zusammenarbeiten. 

Genau. Drei solcher Zusammenschlüsse sind vorgesehen. Im Regionalverbund Ost arbeiten Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Pankow, Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg zusammen. Er hat dann seinen Sitz bei uns im Bezirk in der Premnitzer Straße. Im April sollen die Büros für die vier bis fünf Beschäftigten fertig eingerichtet sein. Unter anderem geht es darum, ein Verfahren zur gemeinsamen Sanierung der typischen Plattenbau-Schulen zu entwickeln.

 

Ob es um neue Wohnungen, Kitas oder Flüchtlingsunterkünfte geht: Viele Anwohner lehnen Veränderungen im eigenen Umfeld zunächst ab. Wie gehen Sie mit dieser Haltung um?

Eine wachsende Stadt bedeutet, dass wir bauen müssen. Ich glaube, bei uns im Bezirk gibt es noch viele freie Flächen, aber auch ungenutzte Ecken und Stadträume, die mitunter etwas leer wirken, zum Beispiel weil dort früher mal eine Kita stand – und übrigens auch wieder stehen wird. Es ist bekannt, dass wir dringend mehr Kindertagesstätten brauchen. Die Leute fordern das auch. Die letzten leerstehenden Immobilien werden nun einer Nutzung zugeführt. Bei den Planungen zum Teterower Ring 158 haben wir gerade so eine Situation. Das Gebäude der ehemaligen Kita und späteren Jugendfreizeiteinrichtung Titanic steht seit 2009 leer. Jetzt wird die Gesundheitspflege Helle-Mitte dort ein spannendes Projekt mit Wohnen, Kita und einem Café umsetzen. Ich hoffe, dass die Bürger auch wieder offener werden und den Schwung der ersten Hellersdorfer Jahre für sich wiederentdecken, neue Nachbarschaften eingehen und auch gemeinsam neue Projekte unterstützen.