Freie Schule in Mahlsdorf unter Beobachtung

Verbindung zu Rechtsextremisten: Die Vorwürfe mehren sich

Freie Schule in Mahlsdorf unter Beobachtung

Die Freie Schule am Elsengrund steht in Verdacht, Kontakte zu Rechtsextremen zu unterhalten und deren Gedankengut Vorschub zu leisten. Einige Vorwürfe stehen schon eine Weile im Raum, haben aber durch einen Beitrag im WDR noch mal Auftrieb bekommen. Sogar das Abgeordnetenhaus beschäftigte sich damit. Die Senatsbildungsverwaltung wird die Schule erneut überprüfen. Die Einrichtung selbst weist die Anschuldigungen zurück. 

Die Liste der Vorwürfe gegen die Schule mit Sitz in der Elsenstraße ist lang. So soll der bekannte Holocaustleugner, Rechtsextremist und Antisemit Bernhard Schaub, nachdem er seine Kinder an der Schule untergebracht hatte, dort aktiv geworden sein. Zeugen berichten, er habe sich mit der Schulleitung gut verstanden. 

 

Von vielen kritisch gesehen wird auch der Besuch einer Schul-Theateraufführung durch den sogenannten Volkslehrer Nikolai Nerling im Frühjahr 2019. Denn auch er war in der Vergangenheit als Leugner der systematischen Vernichtung von Juden durch die Nazis hervorgetreten und wurde aus diesem Grund im Jahr zuvor aus dem Schuldienst entlassen.

 

Bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) meldeten sich seit Ende 2019 mehrere Eltern. „Nach allem, was wir wissen, werden bestimmte wichtige Unterrichtsinhalte an dieser Schule systematisch weggelassen oder ausgeblendet“, sagte Mathias Wörsching von der MBR. Das betreffe die jüngere Geschichte seit 1789, besonders „die Verbrechen Nazideutschlands im Zweiten Weltkrieg, die Geschichte des Nationalsozialismus.“

 

Ein Vater informierte im Januar 2020 in einem Brief über die Kontakte der Schule zu Schaub, über braune Machenschaften und einen diktatorischen und sektenartigen Führungsstil der Schulleitung. Das Bezirksamt gab diesen Brief an die Senatsbildungsverwaltung weiter. Diese veranlasste eine umfassende Prüfung durch die Schulaufsicht. Sie lief bis Ende November 2020. 

Dabei wurden Gespräche mit der Schulleitung geführt. Außerdem musste die Schule schriftlich zu den Vorwürfen Stellung beziehen. Teil der Überprüfung waren auch unangekündigte Besuche und Hospitationen. Das Personal wurde unter die Lupe genommen, dessen erweiterte Führungszeugnisse eingesehen und Akten gesichtet. Die Schulaufsicht erteilte Auflagen zum Einsatz von Lehrkräften, zur Beteiligung von Eltern und Schülern sowie zur engeren Orientierung an den Rahmenlehrplan. 

 

Als „Fake News“ bezeichnet die Schulleitung die öffentlich erhobenen Vorwürfe. Bei der Theateraufführung, an der Nerling teilgenommen hatte, habe es sich um eine öffentliche Veranstaltung gehandelt.

Auch sei an der Schule immer über die Naziverbrechen Wissen vermittelt worden. Darüber, ob das stets ausreichend sei, ließe sich angesichts der schrecklichen Dimensionen der Verbrechen und begrenzter Personalkapazitäten streiten, heißt es seitens der privaten Bildungseinrichtung.

Was die Kontakte zu Schaub angeht, erklärt Andreas Schöpfer, einer der Geschäftsführer der Schule: „Zwischen unserer Schule und Herrn Schaub hat es in der Vergangenheit für den Schulbetrieb unerlässliche Eltern-Schule-Kontakte gegeben. Wenn diese außerhalb des Schulgeländes stattgefunden haben, dann auf Bitten der Schulleitung, um Rückschlüsse von dessen Gesinnung auf die Schule zu vermeiden.

 

Eine Lehrerfortbildung erwähnte er in diesem Zuge nicht: Doch wie nun bekannt wurde, führte Bernhard Schaub noch im April 2018 eine solche Veranstaltung durch. Es habe sich dabei um ein „Sprachgestaltungsseminar“ gehandelt, teilte Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers (SPD) der Grünen-Politikerin June Tomiak auf deren Anfrage mit. Die Schulleitung soll dazu erklärt haben, es sei vor dem Seminar schriftlich vereinbart worden, dass keine zeitgeschichtlichen und politischen Themen, sondern nur der Umgang mit Sprache behandelt werden dürfe.

 

Katharina Günther-Wünsch, stellvertretende Vorsitzende der CDU in der BVV, hat sich nach Aufflammen der öffentlichen Diskussion mit Eltern in Verbindung gesetzt. Ihr wurde darüber berichtet, dass einige Kinder von der Schule genommen wurden. Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD) hat das in der letzten BVV bestätigt.

Laut Günther-Wünsch habe eine Reihe von Eltern den Eindruck, die Schulleitung lasse bei der Klärung der Situation die Eltern außen vor, schotte sich sogar ab.

 

Nach dem WDR-Beitrag wurde bekannt, dass sich nun auch der Verfassungsschutz mit den Vorgängen beschäftigt. Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) musste in einer Fragestunde im Abgeordnetenhaus und im Schulausschuss Stellung beziehen. Dabei erklärte sie, die Vorwürfe gegen die Schule seien durch die bisherigen Prüfungen nicht bestätigt worden. „Es konnten auch keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Haltung auf Seiten des Schulträgers und bei Lehrkräften festgestellt werden“, fasst die Pressestelle der Senatsverwaltung zusammen. 

Einzelheiten zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes wurden in einem nicht-öffentlichen Sitzungsteil bekanntgegeben. Scheeres kündigte eine nochmalige Überprüfung der Schule an. „Wenn wir substanzielle Dinge finden, um der Schule die Genehmigung zu entziehen, dann werden wir dies auch tun“, erklärte sie. Als Ansprechpartnerin für Eltern wurde von der Senatsverwaltung eine Ombudsfrau eingesetzt.            

 

Harald Ritter