Willkommenskultur auf Hellersdorfer Art

Im JenaerTreff hilft Sviatlana Shulzhyk-Newrzella Geflüchteten beim Ankommen

Willkommenskultur auf Hellersdorfer Art

Alla ist 26 Jahre alt. Ende März flüchtet sie aus ihrer Heimat in der Region Sumy nahe der russischen Grenze, um sich und ihren kleinen Sohn vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen. Die Odyssee beginnt mit einer 17-stündigen Zugfahrt innerhalb der Ukraine. Damit die überfüllte Eisenbahn nicht zur Zielscheibe von Luftangriffen wird, fährt sie im Dunkeln ohne Licht. 

Hilfe in Alltagsfragen

Acht Monate ist das her. Inzwischen hat die gelernte Informatikerin ein neues „Zuhause“ in Hellersdorf gefunden. Ihr Sohn geht seit August zur Kita. Anfang Januar beginnt Alla einen Integrationskurs an der Volkshochschule. Gerade sitzt sie im JenaerTreff (Jenaer Straße 56) und telefoniert mit einem Mitarbeiter des Jobcenters. Das Smartphone liegt vor ihr auf dem Tisch. Der Lautsprecher ist an. Sviatlana Shulzhyk-Newrzella hört mit und übersetzt. Die Koordinatorin für Nachbarschafts- und Flüchtlingsarbeit vom Klub 74 leitet hier das Projekt „Willkommenskultur in Hellersdorf-Ost“ und kümmert sich täglich um Menschen wie Alla. Sie ist für viele Geflüchtete im Umkreis eine wichtige Stütze, begleitet sie zu Ärzten und Behörden, füllt Formulare aus, beantwortet Briefe, vermittelt zu Berufsberatern, Psychologen oder anderen Experten und hilft bei allen möglichen Alltagsproblemen.

 

Besonders oft geht die in Weißrussland geborene Kaulsdorferin derzeit gemeinsam mit den Familien zu den Einschulungsuntersuchungen ins Gesundheitsamt. Außerdem dolmetscht sie häufig bei Elterngesprächen mit Erziehern und Lehrern. „Manche der geflüchteten Kinder wollen nicht zur Schule oder in die Kita gehen. Einige haben Konflikte“, weiß Sviatlana Shulzhyk-Newrzella. Auch Allas Sohn tut sich schwer. „Ich erkenne ihn seit dem Kriegsausbruch überhaupt nicht mehr wieder“, sagt seine Mutter mit tränenerfüllten Augen. 

 

Wohlfühlort

Wann immer sie nicht weiterwissen oder einfach nur reden möchten, können Geflüchtete nach vorheriger Terminvereinbarung den von der STADT UND LAND vermieteten JenaerTreff aufsuchen. Sviatlana Shulzhyk-Newrzella hat hier alles liebevoll gestaltet und Wohlfühlatmosphäre geschaffen. Im Gemeinschaftsraum ist eine lange Tafel weihnachtlich geschmückt. Ein Projektor wirft Wintermotive an die Wand. Am Weihnachtsbaum glänzen goldene, rote und blaue Kugeln. Überall hängen von Kindern gemalte Bilder. Viele davon sind im Kreativraum entstanden. Hier gibt es neben etlichen Mal- und Bastel­utensilien auch ein kleines Bücherregal. „Ich lese viel mit den Kindern.“ Den Erwachsenen empfehle sie das ebenfalls, erklärt die Projektleiterin. Immer wieder höre sie Geflüchtete stöhnen, wie schwierig es sei, Deutsch zu lernen. „Es stimmt. Die Sprache ist sehr komplex. Man kann sie aber gut am Beispiel von Märchen erlernen. Mir hat das auch geholfen, als ich 2004 ohne Sprachkenntnisse nach Berlin gekommen bin“, verrät sie.

 

Berlin entdecken

Sviatlana Shulzhyk-Newrzella brennt für ihren Job. Es ist ihr ein echtes Bedürfnis, Menschen beim Ankommen im neuen Land zu unterstützen. Die Geflüchteten erfahren über das Internet und durch Mund-zu-Mund-Propaganda von dem Angebot. Dazu gehören auch Wandertage, bei denen die 54-Jährige den Teilnehmenden zeigen möchte, dass Berlin viel mehr zu bieten hat, als den Supermarkt vor der Haustür, Jobcenter und Sozialamt. Mal geht es in den Botanischen Garten, mal auf die Pfaueninsel, ins Schloss Charlottenburg, auf den Weihnachtsmarkt oder in eines der vielen Hauptstadt-Museen. Die monatlich stattfindenden Samowar-Veranstaltungen bieten Gelegenheit für Begegnungen zwischen Anwohnern und Neuangekommenen.

 

Sachen spenden

In einem zur Kleiderkammer umfunktionierten Abstellraum sammelt die studierte Sozialmanagerin außerdem Kindersachen und Spielzeug sowie neuerdings auch warme Kleidung für Groß und Klein. Was die von ihr im JenaerTreff betreuten Familien nicht benötigen, schickt die Kaulsdorferin jeden Monat in die Ukraine – zusammen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln.

Obwohl Sviatlana Shulzhyk-Newrzella täglich alle Hände voll zu tun hat, gibt es für das Projekt immer weniger Förderung aus dem bezirklichen Integrationsfonds. Für nächstes Jahr wurden weitere Kürzungen angekündigt, was bedauerlich ist, denn mit mehr Ressourcen könnte noch mehr Menschen geholfen werden.

 

 

Weitere Angebote und Kurse im JenaerTreff

 

■ Mo, 13.00-15.00 Uhr: 

Eltern-Kind-Café. Offener Treff für Familien mit Spielecke

 

■   Mi, 14.30-16.30 Uhr: 

Nachbarschaftstreff mit Kaffee, Tee und Kuchen*

 

■   Do, 14.00-15.00 Uhr: 

Gymnastik für Senioren 60plus

 

■  Do, 14.30-16.30 Uhr: 

Nachbarschaftstreff mit 

Kaffee, Tee und Kuchen*

 

■   Fr, 10.00-13.00 Uhr: 

Begegnungsangebot für Geflüchtete und ihre ehrenamtlichen Begleitpersonen

 

* Anmeldung und Infos unter: T. (030) 303 06 03 01 oder M. 0170 549 08 38 (WhatsApp)