Gebaut für Menschen, die kein Zuhause haben

Neues Wohnheim für Wohnungslose in der Marchwitzastraße ist fast voll belegt

Gebaut für Menschen, die kein Zuhause haben

Kaum Platz, keine Privatsphäre, geschweige denn Komfort: So sieht es in vielen Unterkünften für Menschen aus, die kein festes Zuhause haben. Im neu gebauten Wohnheim in der Marchwitzastraße 33 ist das anders. Die 85 Apartments im Achtgeschosser nahe dem Heinz-Graffunder-Park sind spartanisch, aber modern und durchaus wohnlich eingerichtet. „Das Bett ist bequem. Ich habe sogar ein eigenes Bad und eine Terrasse“, sagt eine Bewohnerin im Rollstuhl ganz zufrieden. Sie lebt seit zehn Tagen hier und konnte schon einige Kontakte knüpfen, denn in den vergangenen Wochen hat sich das Haus Tag für Tag mit mehr Leben gefüllt. Beim Sommer- und Eröffnungsfest der Einrichtung am Freitagnachmittag berichtet Kathrin Weidemeier, Geschäftsführerin des Betreibers Unionhilfswerk, dass die insgesamt 161 Plätze mittlerweile fast voll belegt sind.

Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohte mit und ohne Migrationshintergrund haben in dem neuen Marzahner Wohnheim vorerst eine Bleibe gefunden. Unter ihnen sind sowohl Alleinerziehende mit Kindern als auch Menschen mit Beeinträchtigungen. „Sie alle können hier Kraft sammeln und mit unserer Unterstützung versuchen, eigenen Wohnraum zu finden“, erklärt Einrichtungsleiter René Andres – wohlwissend wie schwer dieses Unterfangen derzeit ist. Den leergefegten Berliner Wohnungsmarkt bezeichnet er als „eine Katastrophe“. Gerade Familien mit vielen Kindern und geringen Deutschkenntnissen hätten schlechte Karten. Die drei Sozialarbeiter:innen vor Ort helfen den Bewohner:innen unter anderem bei Behördengängen, Bewerbungen und Schriftverkehr. „Es ist enorm wichtig, dass die Menschen hier eine vernünftige Postanschrift haben, für die sie sich auch nicht schämen müssen“, so Andres. 

 

Während draußen der Regen die Feierlichkeiten etwas stört, führt der Leiter des Wohnheims gemeinsam mit Marzahn-Hellersdorfs Sozialstadträtin Juliane Witt (Linke) einige Pressevertreter:innen durch das Haus. Erste Station ist ein rollstuhlgerechtes Zimmer mit großzügigem Bad und einer unterfahrbaren Küchenzeile. René Andres erläutert, wie bestimmte Apartments durch wenige Handgriffe erweiterbar sind, um auch größere Familien aufnehmen zu können. Nach der Besichtigung der Aufenthaltsräume und einer Gemeinschaftsküche geht es mit dem Aufzug in die oberen zwei Etagen. Hier kommt nur rein, wer einen Spezialschlüssel besitzt. Der Bereich steht aktuell noch leer. Künftig finden hier besonders schutzbedürftige Frauen mit ihren Kindern Ruhe und Sicherheit.


Entwickelt wurde das Wohnheim von der Kilian Immobiliengruppe nach den Entwürfen von Nöfer Architekten in Kooperation mit der Unionhilfswerk Soziale Dienste gGmbH und dem Bezirksamt. Die Planungen liefen schon seit 2018. Zwischenzeitlich stagnierte das Projekt, bis die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlinovo als Bauherrin einsprang. 


In ihrer kurzen Eröffnungsrede lobt Juliane Witt das Haus als „modernes, qualitativ hochwertiges Objekt“, das wie keine andere Wohnungslosenunterkunft im Bezirk für Menschen in besonderen Notlagen konzipiert sei. Für Einrichtungen wie diese sieht die Sozialstadträtin steigenden Bedarf. Die Armut nehme zu und es gebe immer mehr Menschen, „die aus ganz verschiedenen Gründen – steigende Mieten, Arbeitslosigkeit, Trennung, psychische Erkrankungen – ihren Wohnraum verlieren oder verlassen müssen“, so Witt. Besonders traurig mache sie, dass vermehrt Familien von Obdachlosigkeit betroffen seien, sagt Kathrin Weidemeier. 40 Kinder leben momentan im Wohnheim in der Marchwitzastraße. Eins davon habe gerade erst das Licht der Welt erblickt. Es sind äußerst schwierige Lebensverhältnisse, in die das kleine Wesen da hinangeboren wurde.

 

Erfreulicher hingegen sei die Stimmung in der Nachbarschaft, berichten Weidemeier und Andres. Habe es anfangs noch vermehrt Skepsis und Ängste gegeben, überwiege nun Neugierde, Offenheit und Solidarität. „Es sind schon Menschen mit Kleidertüten, Spielsachen und anderen Spenden vorbeigekommen“, so der Einrichtungsleiter.