In Marzahn-Hellersdorf sollen im nächsten Jahr mehr Kinderarztpraxen eröffnen dürfen

Kassenärztliche Vereinigung will Bedarfsplanung anpassen

In Marzahn-Hellersdorf sollen mehr Kinderarztpraxen eröffnen dürfen

© Mapodile/peopleimages.com / Adobe Stock
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Die Wartezimmer sind voll. Mitunter haben Eltern Schwierigkeiten, überhaupt an Termine für ihren Nachwuchs zu kommen: In Marzahn-Hellersdorf fehlen Kinderärzt:innen. Aktuell liegt der Versorgungsgrad bei 93,6 Prozent. In anderen Randbezirken sieht es ähnlich aus. Dagegen will die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin nun Maßnahmen ergreifen. Um Niederlassungen innerhalb Berlins gezielter zu steuern, soll die Hauptstadt in vier Planungsbereiche aufgeteilt werden. Dadurch wäre etwa in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf der Weg für acht neue Praxen frei. 

Auf dem Papier gibt es in Berlin ausreichend Kinderärzt:innen. Doch die sind extrem ungleich über die Bezirke verteilt, was bisher in der Bedarfsplanung nicht ausreichend Berücksichtigung fand. Während der Versorgungsgrad in Steglitz-Zehlendorf bei 137,2 Prozent liegt, sind es in Treptow-Köpenick gerade einmal 89,1 Prozent. „Die Situation in der pädiatrischen Versorgung hat sich in den vergangenen Jahren vor allem in den Ostbezirken, aber mittlerweile auch in Spandau und Reinickendorf verschlechtert“, sagt Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin. Der Hauptgrund dafür sei der starke Bevölkerungszuwachs. 

 

Viele Praxen völlig am Limit

„Marzahn-Hellersdorf ist ein kinderreicher Bezirk“ und das sei erfreulich, bemerkt Gesundheitsstadtrat Gordon Lemm (SPD). „Es bedeutet aber zugleich, dass rund 50.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre eine ärztliche Versorgung benötigen. Bei aktuell 24 Vollzeitarztstellen im Bezirk betreut ein Arzt oder eine Ärztin im Schnitt über 2.000 Kinder und Jugendliche“, erläutert er. Das sei sowohl für das Personal in den Praxen als auch für die Familien unbefriedigend. Aktuell fehlen im Bezirk sechs Kinderärzt:innen.

 

Um die Lücken ein Stück weit zu schließen, soll Berlin künftig in vier Planungsbereiche unterteilt werden: Die sieben überversorgten Bezirke werden zu einer Region zusammengefasst. Diese bleibt weiterhin für Neuzulassungen gesperrt. In Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf, die einen gemeinsamen Bereich bilden, dürfen acht neue Praxen aufmachen, in Spandau/Reinickendorf werden 8,5 zusätzliche Sitze und in Treptow-Köpenick fünf geschaffen.

 

Die Kassenärztliche Vereinigung argumentiert, sie habe den neuen Bedarfsplan erst durch die in diesem Frühjahr festgelegte Entbudgetierung in der Kinder- und Jugendmedizin auf den Weg bringen können. Als das Budget noch gedeckelt war, wurde Mediziner:innen ab einer bestimmten Patient:innenzahl das Honorar gekürzt. Laut KV wurden dadurch nur rund 80 Prozent der erbrachten Leistungen von den Kassen ausgezahlt. Nun gibt es keine Mengenbegrenzung mehr. Nahezu alle Untersuchungen und Behandlungen können in voller Höhe vergütet werden. 

 

Finden sich überhaupt Niederlassungswillige?

Anfang 2024 sollen die neuen Sitze ausgeschrieben werden, geht es nach den Plänen der KV. Die Entscheidung über den reformierten Bedarfsplan obliegt aber dem Landesausschuss der Ärzt:innen und Krankenkassen in Berlin. Er gehe davon aus, betont Gordon Lemm, „dass angesichts der prekären Versorgungssituation alle relevanten Gremien im Land Berlin dem zustimmen werden.“

 

Wie groß der „Ansturm“ auf die Kassensitze dann sein wird, steht noch mal auf einem anderen Blatt. Der Gesundheitsstadtrat rührt jedenfalls schon mal die Werbetrommel für seinen Bezirk: „Marzahn-Hellersdorf ist ein attraktiver Bezirk, in dem es Räumlichkeiten gibt, die sich für eine Praxis gut eignen“. Niederlassungswillige Mediziner:innen biete er seine volle Unterstützung an, so der Stadtrat. Sie könnten sich jederzeit an ihn persönlich oder an das Gesundheitsamt wenden. 

 

„Es ist gut, dass die kleineren Planungsbereiche für die kinderärztliche Versorgung kommen“, findet auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Mario Czaja. Er gibt sich vorsichtig optimistisch, dass die freien Praxissitze nicht langzeitvakant bleiben: „Während bei den Hausärzten auf drei Sitze nur ein Bewerber kommt, sind es bei den Kinderärzten zwei Bewerber auf einen Sitz“, weiß er. Im Februar hat der Gesundheitspolitiker eine Dialogveranstaltung zur ambulanten Kinderversorgung in Marzahn-Hellersdorf ins Leben gerufen. Kürzlich fand die zweite Veranstaltung statt.

 

Die Gespräche hätten gezeigt, berichtet Czaja, „dass eine Verbesserung der kinderärztlichen Versorgung und eine bessere personelle Ausstattung der ambulanten Praxen nur im konzertierten Zusammenspiel der Praxen, Kinderkliniken, Verbände und Vereinigungen sowie der Politik im Bund, Land und Bezirk“ erreicht werden können. In den Online-Dialogen wurde sich unter anderem über bessere Anreize für Niederlassungen, Bürokratieabbau und über „gute Stadtentwicklungspolitik“ ausgetauscht, die Arztpraxen bei Immobilienplanungen im Bezirk immer mitdenke.