Falscher Alarm mit Folgen

Aus dem Gerichtssaal: Mann aus Hellersdorf muss blechen

Falscher Alarm mit Folgen

Marzahn-Hellersdorf: Als der letzte Gast einfach nicht gehen wollten, griff Dietmar B.* zum Telefon. Er wählte die Nummer 110. „Ich werde von einem Mann in meiner Wohnung bedroht“, behauptete der 59-Jährige. Der Besucher randaliere. „Bitte helfen Sie mir!“ Die Polizei kam schnell. Der angebliche Störenfried allerdings hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht und schlief. Ein falscher Alarm, der zu einer Anzeige führte.

Die Anklage lautet auf Missbrauch von Notrufen und Beleidigung. Dietmar B. zeigt sich empört. „Ich wurde den Mann nicht los und fühlte mich deshalb in einer Notlage“, verteidigt er sich. Der Anklage zufolge war der Anrufer ausfallend geworden, als die Polizisten keinerlei Gefahr sahen und von einem falschen Alarm ausgingen. Als faul, dumm, arrogant bezeichnete er sie und schickte Kraftausdrücke hinterher. „Ich war aufgeregt und habe mich möglicherweise im Ton vergriffen“, lenkt der Mann aus Hellersdorf nun ein.

 

Vier Beamte waren in der Wohnung von Dietmar B., um einen angeblichen Randalierer zur Räson zu bringen. „Doch da war nichts, was auf einen Angriff deutete“, schildert einer der Polizisten. Der Angeklagte habe auf seinen Bekannten gezeigt und erklärt, der Herr sei aus der Wohnung zu entfernen. Sie hätten den Schlafenden geweckt. „Didi, was ist den passiert?“, habe der Mann völlig überrascht reagiert. Aggressiv sei nur der Angeklagte gewesen.

 

Zwar führen nicht gerechtfertigte Notrufe eher selten zu einem Strafverfahren, doch im Fall von Dietmar B. kamen die Pöbeleien und seine Vergangenheit hinzu. „Sie sollen bereits mehrfach die Polizei gerufen haben, weil Sie sich durch Nachbarn gestört fühlten“, hält die Richterin dem Mann vor. Er nickt.

 

Der Angeklagte ist Vater von zwei Kindern. „Habe allerdings keinen Kontakt zu ihnen“, erklärt er im Prozess. Dafür habe die Mutter der Jungen gesorgt. „Das sollte juristisch verfolgt werden“, schimpft der frühere Verwaltungsangestellte. Ihn aber würde man „für Banalitäten“ vor Gericht stellen. Die Richterin ordnet eine Pause an. „Sie sollten sich sammeln“, rät sie dem bereits Vorbestraften. Wegen Beleidigung und übler Nachrede hatte er einst 600 Euro Strafe zahlen müssen. Hintergrund waren Streitereien mit Nachbarn. Nun der falsche Alarm. Das Gesetz sieht bei einem Missbrauch von Notrufen Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr vor. Auf eine Strafe von 1.500 Euro (60 Tagessätzen zu je 25 Euro) plädiert der Staatsanwalt. „Es gab keine Gefahr. Er wollte nur einen Mann aus der Wohnung haben, mit dem er zuvor gezecht hatte“, begründet er. Dietmar B. schnauft. Er habe sich damals bedroht gefühlt. „Freispruch, Frau Richterin!“ Sie aber folgt dem Staatsanwalt.               

 

Text: Kerstin Berg (*Name von der Red. geändert)

Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com