"Ich hatte eine total schöne Kindheit hier."

Vollblut-Schauspieler Arnel Taci sagt über Hellersdorf:

"Ich hatte eine total schöne Kindheit hier."

Er spielte an der Seite von Elyas M’Barek und Josefine Preuß in der erfolgreichen ARD-Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“, musste für „Zivilcourage“ Götz George vermöbeln, war bereits mehrfach in Til-Schweiger-Filmen („Tatort“, „Honig im Kopf“) zu sehen und gehört zum Cast des mit Spannung erwarteten Regiedebüts von Moritz Bleibtreu „Cortex“. In der „Hellersdorfer“ spricht Vollblut-Schauspieler Arnel Taci über seine Kindheit in Kaulsdorf-Nord und seine Karriere.

 

Vom Schulhof auf die Leinwand

Mit 14 Jahren wird Arnel auf dem Schulhof der Ernst-Haeckel-Schule für den Film „Paule­ und Julia“ (2002) entdeckt. Der gebürtige Bosnier soll dafür in die Rolle eines Straßendiebs schlüpfen, was seiner Mama anfangs schwer missfällt. Sie möchte nicht, dass ihr Sohn den Klischee-Ausländer mimt. „Also hat mich mein Vater heimlich zum ersten Casting gebracht.“ Obwohl er das Handwerk nie gelernt hat, überzeugt der junge Teenager mit seinem intensiven Spiel Publikum und Kritiker auf Anhieb. Und trotzdem gehen anschließend zwei Jahre ins Land, ehe er wieder vor der Kamera steht. Das allerdings liegt nicht an fehlenden Angeboten. Arnel kann der Schauspielerei zunächst einfach nur wenig abgewinnen – allen voran den unzähligen Wiederholungen bei den Dreharbeiten. „Damals dachte ich mir, da muss man doch nach ein paar Jahren im Job völlig wahnsinnig werden.“

 

 „Türkisch für Anfänger“ als Sprungbrett

Diese Einstellung ändert sich spätestens mit der Serie „Türkisch für Anfänger“. „Wir sind junge Leute gewesen, die gemeinsam einfach jede Menge Spaß am Set hatten und dafür am Ende des Tages auch noch bezahlt wurden“, schwärmt Arnel, der sich als stotternder Grieche Costa in die Herzen der Zuschauer spielte und ab Staffel zwei auch in den Haupt-Cast befördert wurde. „Ich konnte mich da von meiner komödiantischen Seite zeigen. Dafür bin ich Bora Dagtekin („Fack ju Göhte“, „Doctor’s Diary“, Anm. d. Red.) sehr dankbar. Denn du wirst schnell in eine Schublade gesteckt, aus der es manchmal schwer ist, wieder herauszukommen.“

Immer nur auf Kleinkriminelle abonniert zu sein, das ist dem Berliner inzwischen zu wenig. Aber auch er muss seine Miete zahlen und kann nicht jedes Rollenangebot ablehnen. Wenn im Winter wie üblich kaum gedreht wird, hilft Arnel sogar im Bauunternehmen seines Vaters aus. „Ich finde, das erdet total.“

 

Flüchtling des Balkankriegs

Bodenständig bleiben, darauf scheint der Schauspieler besonderen Wert zu legen. Nicht nur die Arbeit auf dem Bau, auch seine Familie hilft ihm dabei – und natürlich seine Freunde, die er zum Teil noch aus der Zeit in zwei Berliner Flüchtlingsunterkünften kennt. Mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder floh Arnel als Fünfjähriger vor dem Balkankrieg aus Bosnien nach Deutschland. Der Vater kam anderthalb Jahre später nach. Er war als Moslem in einem serbischen Konzentrationslager inhaftiert. Detaillierte Erinnerungen an die Vertreibung aus seiner Heimat hat Arnel nicht mehr. „Ich weiß nur noch, dass es laut war und meine Mama mich immer im Arm gehalten hat.“ Nachdem sie zwei Jahre in Weißensee untergebracht waren, ging es für Familie Taci nach Kaulsdorf-Nord, zunächst in die Unterkunft in der Tollensestraße, später in eine eigene Wohnung. Kein leichter Start, mag man denken. Aber der 33-Jährige sagt rückblickend, es habe ihm an nichts gefehlt.

 

Draußen bolzen, im Jugendklub knutschen

Arnel betont, dass er sich als Kind kaum mit Ressentiments konfrontiert sah. Kulturelle Unterschiede gab es dafür jede Menge. „Ich wurde zum Beispiel mit einer leeren Zuckertüte eingeschult, weil wir nicht wussten, dass dort Süßigkeiten und andere Dinge reingehören.“ Als die anderen Kinder das bemerkten, gaben sie dem Jungen aus Bosnien ganz selbstlos etwas von sich ab. Als ältester Sohn sei er quasi das „Versuchskaninchen“ seiner Eltern gewesen, sagt der Schauspieler mit einem Augenzwinkern und fügt dann hinzu: „Ich hatte eine total schöne Kindheit hier. Unsere Generation ist die letzte, die ohne Handy aufgewachsen ist. Wir sind einfach nach der Schule auf den Bolzplatz  gegangen oder haben im Jugendklub Titanic mit Mädchen geknutscht, ohne vorher bei Instagram oder Tinder alles klarzumachen.“            

 

Foto: Kerem Bakir