„Zu weit draußen lasse ich nicht gelten.“

Senator Klaus Lederer über Kunst und Kultur im Außenbezirk

"Zu weit draußen lasse ich nicht gelten."

Klaus Lederer (Die Linke) ist seit 2016 Kultur- und Europasenator. Im Interview mit der „Hellersdorfer“ spricht der promovierte Jurist und beliebteste Politiker Berlins über Kunst und Kultur in Marzahn-Hellersdorf und wie er künftig mehr Kreative in die Außenbezirke locken will. Außerdem verrät der gebürtige Schweriner seinen Lieblingsort im Bezirk und wann er das nächste Mal hier sein wird.

Herr Lederer, die Feiertage stehen vor der Tür. Freuen Sie sich darauf oder sind Sie eher ein Weihnachtsmuffel?

Ich genieße die Zeit um Weihnachten und verbringe sie sehr gern mit meiner Familie und Freunden.

 

Lassen Sie uns kurz auf den Herbst zurückblicken. Im September war der Senat zu Besuch in Marzahn-Hellersdorf. Was haben Sie von der gemeinsamen Sitzung mit dem Bezirksamt und der anschließenden Tour mitgenommen?

Das war vor allem die Bestätigung, dass im Bezirk engagiert gearbeitet wird! So neu ist das allerdings nicht gewesen, weil ich mich davon schon oft habe überzeugen können und die Akteur*innen kenne. Dennoch ist der persönliche Kontakt immer wieder wichtig.

 

Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie das erste Mal in unserem Bezirk waren?

Das weiß ich leider nicht mehr. Über die Jahre bin ich aber ganz oft und überall in Marzahn und Hellersdorf gewesen – leider selten in Sachen Kultur, eher als Vorsitzender der Berliner Linken zu Veranstaltungen.

 

Haben Sie hier einen Lieblingsort?

Sehr gern habe ich Charlotte von Mahlsdorfs Gründerzeitmuseum, vor allem auch wegen der bodenständigen Akteur*innen.

 

Der Bezirk wird von außen häufig als Kulturwüste wahrgenommen­. Wer hier wohnt und sich engagiert, hält dagegen, dass wir neben dem von Ihnen genannten Gründerzeitmuseum ganz viele spannende Orte wie das Freizeitforum Marzahn, das ORWOhaus oder auch Schloss Biesdorf haben. Wie sehen Sie das?

Ich nehme den Bezirk nicht als Kulturwüste wahr und die ewige Wiederholung einer falschen Annahme ärgert mich ein bisschen. Ich bitte herzlich um mehr breite Schultern! Wuchern Sie mit dem, was da ist, vergessen Sie die Gärten der Welt nicht, hier kommt ganz Berlin hin!  Rock im Grünen ist eine Marke. In Marzahn und Hellersdorf wird an vielen Orten Kunst produziert. Und die bezirkliche Kultur ist doch vor allem das, was vor Ort das Leben prägt: hervorragende Bibliotheken, die Musikschule, Jugendkunstschule, Galerien, gern auch in der Mischung mit sozialen Angeboten von Stadtteilzentren, Amateuren und Vereinen. Und ja, zur Staatsoper muss man mit der S-Bahn fahren, stimmt. Deshalb ist das hier aber keine Wüste.

 

Seit 2018 wird Schloss Biesdorf als Kommunale Galerie betrieben. Hat das Haus Ihrer Meinung nach das Zeug, über die Grenzen des Bezirks und Berlins hinaus bekannt zu werden?

Zum dritten Mal komme ich nächstes Jahr ins Schloss Biesdorf zum Abschluss des Otto-Nagel-Jahres. Es ist ein Kleinod mit großer Ausstrahlung, das sein Profil finden wird und immer mehr Menschen werden es kennenlernen, da bin ich sicher. Man kann die Bedeutung von Kulturorten allein nicht nach Besucherzahlen oder der Bekanntheit im letzten Winkel messen.

 

Berlin wächst und braucht von allem mehr: mehr Wohnungen, Kitas, Schulen, Straßen, Schienen, Radwege. Eine Wohnungsgenossenschaft in Hellersdorf baut derzeit ein Theater mit rund 200 Plätzen, das 2020 eröffnen soll. Würden Sie sich mehr Engagement dieser Art in der Stadt wünschen?

Rundheraus: Ja. Und deshalb setze ich mich auch vor allem bei den städtischen Wohnungsbauvorhaben dafür ein, dass Arbeitsräume geschaffen werden – im Bezirk etwa im Gut Hellersdorf – oder dass bei der Schulbauoffensive auch Räume für Kultur entstehen.

 

In den letzten Jahren haben überall in der City Künstler*innen ihre­ Ateliers verloren, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten konnten. Hier in Marzahn-Hellersdorf wäre das eine oder andere Ladenlokal sicher noch verfügbar. Was könnte es den Kreativen leichter machen, nach Marzahn-Hellersdorf zu kommen?

Zu weit draußen lasse ich nicht gelten. Kunst und Kultur sind nicht zwingend in der Mitte der Stadt zu Hause, in den kulturellen Leuchttürmen im Zentrum der Stadt. Nein, im Gegenteil – auch die Fläche leuchtet und zwar kräftig. Wir haben den Blick auf die ganze Stadt und werden ab 2020 mit unserem dann arbeitenden Kulturraumbüro auch die Akquise verbessern und Räume aktiv anbieten.

 

Sie haben ein Faible für kulturelle Bildung. Inzwischen fordern immer mehr Experten eine Extra-Portion Kunst und Musik in der Schule, weil das positive Auswirkungen auch auf die Leistungen der Kinder in den Hauptfächern habe. Gehen Sie da mit?

Ja, Kulturelle Bildung hat für mich einen hohen Stellenwert. Ich will, dass sich alle Kinder, alle Jugendlichen und – weil es ist nie zu spät ist – alle Menschen kulturell bilden können. Damit sie Kultur und Kunst genießen können, verstehen, mitreden können. Herzensbildung scheint mir mindestens genauso wichtig wie das Einmaleins.