So ist das Krankenhaus Kaulsdorf vorbereitet


Corona-Pandemie: Kliniken rüsten sich für den großen Ansturm

So ist das Krankenhaus Kaulsdorf vorbereitet

Die Ausbreitung des Coronavirus (SARS-CoV-2) schreitet voran. Im Vivantes Klinikum Kaulsdorf stellt sich das Personal auf einen schnellen Anstieg der Infizierten ein. Bereits seit Wochen laufen die Vorbereitungen darauf. Es wurden zusätzliche Kapazitäten für die Behandlung von Intensivpatienten geschaffen, Mitarbeiter für die bevorstehenden Aufgaben geschult und planbare Eingriffe ausgesetzt. Dringend notwendige Operationen sind aber weiterhin sichergestellt, Geburtshilfe und Notfallversorgung ebenfalls.

Als Anfang März einer der allerersten positiv auf das Coronavirus getesteten Berliner zur Isolation ins Krankenhaus Kaulsdorf gebracht wurde, kam das für die Pflegekräfte und Mediziner vor Ort keineswegs unerwartet. Schon frühzeitig hatte die Klinik in der Myslowitzer Straße erste Vorkehrungen für die befürchtete Pandemie getroffen und Umstrukturierungen vorgenommen. Die Richtung gab eine von Vivantes im Februar einberufene Task-Force vor. Seither steht Kaulsdors Ärztliche Direktorin und Pandemiebeauftragte Maria-Barbara Naumann täglich mit dem Expertengremium aus Hygienefachkräften, Infektiologen, Klinikmanagern und Vertretern des Katastrophenschutzes im Austausch, um die aktuelle Lage einzuschätzen und bei Bedarf Handlungsempfehlungen auszusprechen. Auch die Treffen des hauseigenen Krisenstabs und die Teilnahme an der neu einberufenen Chefarztrunde gehören zu ihrer allmorgendlichen Routine. In den Gesprächen geht es um Material, Kapazitäten, Personal, Hygiene und vieles mehr.

 

Extra-Stationen für Infizierte und Verdachtsfälle

„Da wir alle planbaren Operationen abgesagt haben, konnten wir inzwischen mehrere Stationen ausschließlich für Corona-Patienten herrichten“, berichtet Dr. Jens Burghardt, Chefarzt der Abteilung für Viszeral- und Allgemeinmedizin. Verdachtsfälle, deren Laborergebnisse noch ausstehen, werden in Kaulsdorf derzeit auf der Station A1 streng getrennt von nachweislich Infizierten versorgt. Sollten die Plätze dort nicht mehr ausreichen, erfolgt die Ausweitung des Corona-Bereichs auf das Bettenhaus. Dafür wird eine bereits komplett freigeräumte Etage vorgehalten. Bei Bedarf lassen sich weitere Stationen leerziehen.

Zum Schutz von Patienten und Personal wurden Sprechstunden abgesagt und jegliche Besuche untersagt – bis auf wenige Ausnahmen: Im Kreißsaal etwa darf eine Vertrauensperson der werdenden Mutter zur Seite stehen. Alle Fachbereiche befinden sich im Krisen-Modus und rüsten sich für den Ausnahmezustand.

 

Noch keine Intensivpatienten mit Lungenkrankheit Covid-19

Noch aber ist die Situation vergleichsweise entspannt und die Zahl der Corona-Patienten in Kaulsdorf überschaubar. Denn das Haus ist keine Abklärungs-und Aufnahmestelle von Verdachtsfällen. Getestet wird hier nur, wer schon wegen einer anderen Erkrankung stationär in Behandlung ist und Covid-19-Symptome wie Halskratzen, trockenen Husten und Fieber verspürt. Um das Virus nachzuweisen, ist ein Nase-Rachen-Abstrich erforderlich. Bei Vivantes kommt darüber hinaus auch verstärkt der Computertomograph zum Einsatz. Dr. Burghardt erläutert, in welchen Fällen das bildgebende Verfahren für die Diagnostik hilfreich sein kann: „Besteht der Verdacht auf eine durch das Virus ausgelöste Lungenentzündung, kann uns das CT wesentlich früher als das Labor einen Befund liefern und somit einen Zeitvorsprung bei der Therapie verschaffen.“ Solche Fälle aber hat es am Vivantes Klinikum Kaulsdorf noch nicht gegeben. Die aktuell etwa zehn Infizierten müssen weder intensivmedizinisch betreut, noch beatmet werden.

 

Beatmungskapazitäten wurden aufgestockt

Doch Virologen und Mediziner gehen davon aus, dass in Berlin die Zahl der Corona-Intensivpatienten in den kommenden Wochen rapide zunehmen wird. Ein Notfallplan soll helfen, den Ansturm zu bewältigen. Zu den wesentlichen Punkten des Konzepts gehört eine Art „Arbeitsteilung“ zwischen den Hauptstadt-Krankenhäusern. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Charité ein. Sie soll die kompliziertesten Fälle in ihrem Lungen-Spezialzentrum aufnehmen und die Verteilung der anderen Covid-19-Intensivpatienten auf jene 16 Kliniken koordinieren, die ebenfalls erfahren darin sind, Patienten mit schwerem Lungenversagen zu behandeln.

„Unser Haus ist für diese Aufgabe nicht primär vorgesehen“, sagt Dr. Jens Burghardt. „In Absprache mit der Charité würden wir Patienten mit Atemnot in eines der Covid-19-Beatmungszentren verlegen – zum Beispiel nach Friedrichshain.“ Sollten sich deren Kapazitäten aber erschöpfen, müsste früher oder später auch das Klinikum Kaulsdorf Patienten mit schweren Krankheitsverläufen aufnehmen – ein Szenario, auf das man eingestellt sei. Seit Wochen werden zusätzliche Mitarbeiter intensivmedizinisch geschult und die Beatmungsplätze vor Ort aufgestockt. Bislang konnten auf der Intensivstation zwölf und im Herzkatheterlabor vier Patienten gleichzeitig mithilfe eines Tubus künstlich beatmet werden. Jetzt kommen sechs weitere Plätze hinzu. Dafür wurden zwei Operationssäle und die erst kürzlich sanierten Aufwachräume zu einer temporären Intensivstation umgebaut.

 

Alle ziehen an einem Strang, um die Krise zu meistern

Auch personell sieht sich das Vivantes Klinikum Kaulsdorf gut aufgestellt. Aber für alle bedeutet die Corona-Krise eine noch nie dagewesene Herausforderung und einen riesigen Stresstest. Niemand wisse, wie viele Mitarbeiter sich mit dem Virus anstecken werden. „Trotz der Präventions- und Schutzmaßnahmen nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sind unsere Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt“, das lasse sich nicht so einfach ausblenden, sagt Burghardt. Trotz der Sorgen, die viele Beschäftigte umtreiben, würden aber alle äußerst professionell mit der Ausnahmesituation umgehen und an einem Strang ziehen, so Burghardt. „Gerade auch auf der Chefarztebene sind wir noch mehr zusammengerückt“, stellt der Mediziner fest. Er sei davon überzeugt, dass sich das komplette Krankenhaus so gut es geht auf die kommenden Wochen vorbereitet habe. „Wir überprüfen jeden Tag unsere Maßnahmen und passen diese gegebenenfalls an.“