Marzahner Marathonläufer auf dem Heimweg attackiert


Mustapha El Ouartassy schlägt nicht zum ersten Mal Fremdenhass entgegen

Rassistischer Angriff auf Marathonläufer 

Anderthalb Wochen ist es her, dass Mustapha El Ouartassy auf seinem Nachhauseweg von einem Mann attackiert, rassistisch beleidigt und bedroht worden ist. Das Eingreifen eines Nachbarn verhinderte wohl Schlimmeres. Aber die seelischen Wunden sitzen tief. Der gebürtige Marokkaner und erfolgreiche Marathonläufer hat seit dieser Nacht Angst, abends rauszugehen.

Es ist der 16. April – ein Donnerstag – als Mustapha El Ouartassy nach einem langen Arbeitstag auf dem Vereinsgelände an der Allee der Kosmonauten noch schnell am Helene-Weigel-Platz ein paar Besorgungen im Supermarkt macht und anschließend mit der Straßenbahn nach Hause fährt. Auf dem Weg durch eine Grünanlage, nicht weit von seinem Wohnhaus entfernt, bemerkt der junge Mann plötzlich, wie jemand versucht, ihm von hinten das Bein wegzuziehen. Er habe Kopfhörer im Ohr gehabt und daher den Angreifer nicht gehört, schildert El Ouartassy. Obwohl er einen Einkaufsbeutel in der Hand hat, kann er den Sturz noch abfangen. Er dreht sich um und sieht einen etwa 35-Jährigen mit Glatze auf sich zustürmen. Der hatte mit ihm schon in derselben Straßenbahn gesessen. „Hau ab du Kanake, ich schwöre es dir, ich bringe dich um“, brüllt der Mann ihm entgegen und stößt ihm vor die Brust. Als ein Nachbar um die Ecke kommt und fragt, was denn hier los sei, lässt der Angreifer von seinem Opfer ab und macht sich aus dem Staub.

 

Zwar bleibt Mustapha El Ouartassy körperlich unversehrt, doch der Schock ist groß. Auch bei Doris Nabrowsky. Die Vereinsvorsitzende des VfL Fortuna Marzahn spricht von einem „feigen Angriff“ und verurteilt die Tat aufs Schärfste. Das LKA hat die Ermittlungen aufgenommen. 

In einer Pressmitteilung berichtet Nabrowsky auch davon, dass dem Marokkaner keineswegs das erste Mal Fremdenhass entgegengeschlagen sei: „Bereits im vergangenen Jahr wurde Mustapha El Ouartassy am Vorabend des Schwedenlaufes in Wismar vor seinem Hotel tätlich angegriffen und beleidigt.“ Trotzdem gewann er den Wettkampfam nächsten Tag mit neuem Streckenrekord. „Als Reaktion auf den Vorfall hat der Verein auswärtige Starts der Flüchtlingssportler eingestellt, um sie nicht zu gefährden.“ Nach den jüngsten Ereignissen denke man über weitere Konsequenzen nach, erklärt die Vorsitzende des VfL. Aber ihr Top-Athlet will sich nicht aus der Bahn werfen lassen. „Ich trainiere schon wieder“, sagt Marzahn-Hellersdorfs Sportler des Jahres 2019 (Foto) der „Hellersdorfer“ – wenn auch wegen der Corona-Krise unter erschwerten Bedingungen.

 

El Ouartassy, der 2016 als Flüchtling nach Deutschland kam, gehört mittlerweile zu den besten Marathonläufern in Deutschland. Um für seinen Verein bei Deutschen Meisterschaften und international für die Bundesrepublik starten zu können, hofft er auf eine baldige Einbürgerung. Im Dezember 2019 wurde er bei der Berliner Sportlerwahl mit demManfred-von-Richthofen-Solidaritätspreis ausgezeichnet. 2019 qualifizierte sich Mustapha El Ouartassy zum Übungsleiter. Er arbeitet vor allem mit Kindern und Jugendlichen in den Flüchtlingsheimen. Obwohl er kaum eine Sprachschule besuchte, lernte der Marokkaner bemerkenswert schnell Deutsch und absolvierte im vergangenen Jahrerfolgreich die Sprachprüfung B 1. „Er ist für andere Sportler und für die Kinder und Jugendlichen seines Vereins ein großes Vorbild – für die geflüchteten Menschen sowieso“, sagt Doris Nabrowsky.