Plattenkind mit grünem Lifestyle


Mit Promis im Gespräch, Folge 94: Schauspielerin Julia Hartmann (34)

Plattenkind mit grünem Lifestyle

Julia Hartmann ist in Kaulsdorf-Nord aufgewachsen und stand das erste Mal mit elf Jahren vor der Kamera. © Niklas Vogt
Julia Hartmann ist in Kaulsdorf-Nord aufgewachsen und stand das erste Mal mit elf Jahren vor der Kamera. © Niklas Vogt

Julia Hartmann dürfte den meisten aus Kino-Komödien mit Matthias Schweighöfer wie „What a Man“ und „Schlussmacher“ bekannt sein. Außerdem sieht man sie regelmäßig in Krimis und Serien („Großstadtrevier“, „Wilsberg“, „Tatort“, „Jerks“, „Usedom-Krimi“). Was viele nicht wissen: Die sympathische Schauspielerin ist in Kaulsdorf-Nord aufgewachsen. Ein Gespräch über Kindheitserinnerungen, aktuelle Projekte, Umweltschutz und nachhaltiges Leben.

 

Julia, wann waren Sie das letzte Mal in Hellersdorf?

Vor drei Monaten. Seit 19 Jahren machen mein Vater, mein Bruder und ich jeden März einen ausgedehnten Spaziergang durch die frühere Heimat und besuchen das Grab meiner Mutter.

 

Wie war es für Sie, in der Platte aufzuwachsen?

Meine Kindheit in der Platte habe ich größtenteils als friedlich empfunden. Wir wohnten zwischen den Bahnhöfen Kaulsdorf-Nord und Wuhletal. Der Kindergarten war direkt neben unserem Haus und die Grundschule an der Wuhle auch nur fünf Minuten entfernt. Wir haben viel Zeit in der Natur rund um die Wuhle verbracht. Das war schön. In dem Fünfgeschosser, in dem ich aufgewachsen bin, lebten alle sozialen Schichten zusammen. Das hat mich nachhaltig geprägt. Ich mag diesen gemeinschaftlichen Gedanken. Allerdings bekam ich auch viele Spannungen mit, vor allem zwischen Rechten und Linken. Beide Lager waren stark vertreten. Ich fühlte mich der linken Seite schon immer verbunden. 

 

Haben Sie einen Lieblingsort bei uns im Bezirk?

Ja, das ehemalige Jugend- und Kulturzentrum „Studio Hellersdorf“ zwischen Lubminer Straße und Teterower Ring. Da habe ich schon mit fünf Jahren auf der Bühne gestanden. Und das grüne Wuhletal liebe ich noch immer.

 

Sie stammen aus einer Künstlerfamilie und standen schon mit elf als Schauspielerin vor der Kamera. Die Frage, was Sie als kleines Mädchen werden wollten, erübrigt sich, oder?

Da meine Mutter Tänzerin war, wollte ich erst mal auch Tänzerin werden. Dann Sängerin, Maskenbildnerin und nach den ersten Dreharbeiten 1997 war‘s dann klar.

 

Und wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?

Tatsächlich gab es nur den Plan A.

Allerdings stelle ich im Nachhinein fest, dass ich zusätzlich gern auch einen sozialen Beruf erlernt hätte. Familienberatung, Kinder- und Jugendpädagogik – so etwas in der Richtung. Auch Naturheilkunde interessiert mich. Vielleicht mache ich irgendetwas davon noch. 

 

An welchen Vorbildern haben Sie sich zu Beginn Ihrer Karriere orientiert?

Meine Vorbilder waren vor allem Darsteller*innen, die ich aus Filmen und von der Theaterbühne kannte. Sophie Rois, Kathi Angerer, Birgit Minichmayr, Catrin Striebeck und Alexander Scheer gehören dazu, aber auch die Schauspieler*innen aus meiner Familie. 

 

Wie läuft es beruflich gerade während der Krise: Finden überhaupt Dreharbeiten statt?

Kurz vorm Corona-Shutdown hatte ich ein paar Drehtage für den „Usedom-Krimi“, bis wir unterbrechen mussten. Ende Juni sollen die Arbeiten weitergehen. Ich kann es kaum erwarten. Während der Krise habe ich vereinzelt kleinere Sprecher-Jobs gemacht. Das ging mit den Sicherheitsvorkehrungen ganz gut.

 

Was nervt Sie an den Kontaktbeschränkungen am meisten?

Ich nehme sie als das, was sie sind: gerade da. Also nutze ich die Zeit für andere Interessen. Meinen Bruder und meinen Freund habe ich allerdings regelmäßig gesehen, da wir teilweise zusammen in Quarantäne waren. Mit den anderen Liebsten habe ich oft telefoniert.

Allerdings kann ich mir auch gut vorstellen, dass diese Zeit für viele Leute nicht so einfach war und ist.

 

In der Corona-Pandemie erkennen viele, was plötzlich alles geht und was sie genau genommen gar nicht brauchen. Wie ist das bei Ihnen?

Für mich haben sich die Themen Entschleunigung und bewusstes Leben wieder verstärkt. Ich beschäftige mich mit zwischenmenschlichen Beziehungen und   mit gesellschaftlichen Themen. Gerade lausche ich dem Hörbuch „Exit Racism: Rassismuskritisch denken lernen“ von Tupoka Ogette und werde im Kern über Rassismus aufgeklärt. 

 

Wer Ihnen bei Instagram oder Facebook folgt, weiß, dass Sie für Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit brennen. Seit wann eigentlich schon?

Seitdem ich mich erinnern kann. In der zweiten Klasse bin ich mit Freunden durch den Bezirk gelaufen, um Unterschriften gegen Tierversuche und auch um Müll zu sammeln. Nach dem ersten Besuch auf einem Bauernhof habe ich mich gefragt, warum wir Tiere quälen. Für mich stand von da an fest, dass ich kein Fleisch mehr essen möchte.

 

Wie sieht grüner Lifestyle in Ihrem Alltag aus? 

Ich lebe zu 90 Prozent vegan und kaufe zu 95 Prozent Bio. Auch bei Möbeln, Fashion oder Kosmetik achte ich auf Bioqualität und faire Produktion. Um von A nach B zu kommen, nehme ich hauptsächlich den Zug, öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad. Ich kaufe auch nur die Nahrungsmittel, die ich tatsächlich verbrauche und schmeiße kein Essen weg. Natürlich ist Bio zwar etwas teurer, allerdings habe ich es auch schon als Studentin mit wenig Geld geschafft, so zu leben. Es ist eine Entscheidung. Da ich kein Geld für tierische Produkte, Alkohol, Zigaretten oder Drogen ausgebe, spare ich 'ne Menge.

 

90 Prozent vegan? Bei welchen tierischen Produkten werden Sie denn „schwach“?

Ab und zu vermisse ich den Geschmack von Käse. Manchmal gönne ich mir dann ein Stück Bio-Käse. 

 

Wann fällt Ihnen nachhaltiges Leben auch mal schwer?

Wirklich schwer fällt mir schnelles Duschen. Da übe ich noch.

 

So ein Filmdreh ist ja in der Regel auch keine umweltfreundliche Angelegenheit. Wenn Sie Produzentin wären, was würden Sie in dieser Hinsicht ändern?

Grünes Drehen erfährt zum Glück zunehmend Rückenwind. Ich würde zuallererst auf veganes Bio-Catering umstellen. Tierische Produkte könnten eine Ausnahme sein (und nicht die Regel darstellen). Plastikmüll ließe sich weitgehend vermeiden. Beim Thema Reisen wären Zugfahrten dem Flieger vorzuziehen. Und wenn es möglich ist, sollten die Crewmitglieder mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Set fahren.

 

Sie unterstützen auch die Fridays-for-Future-Bewegung. Wofür oder wogegen sind Sie als Schülerin auf die Straße gegangen?

Ich bin als Schülerin auf Demos gegen Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und Ausgrenzung gegangen. Ich habe für ein soziales Miteinander protestiert. 

 

Wann sehen wir Sie wieder im Fernsehen oder auf der Leinwand?

Letztes Jahr habe ich eine Kinohauptrolle unter der Regie meines Kollegen Janek Rieke gespielt. Eigentlich sollte der Film dieses Jahr starten, ist nun aber verschoben. Dann wird eventuell sogar der Usedom-Krimi vorher laufen. Und im dritten Teil von „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ bin ich wieder als Mutter dabei.