Nach monatelangem Stillstand flogen die Hämmer


Fortuna Marzahn richtete am letzten Juni-Wochenende großes Hammerwurf-Event aus

Nach drei Monaten Stillstand flogen die Hämmer

Lange mussten die Verantwortlichen des VfL Fortuna Marzahn um dieses Sportereignis kämpfen. Nach unzähligen E-Mails, Telefonaten und Gesprächen, Brüten über dem Schutzkonzept, wochenlangem Hoffen und Bangen kam Mitte Juni die erlösende Nachricht. Sowohl Senat als auch Bezirk erteilten die Genehmigung für den bundesweit ersten großen Hammerwurf-Wettkampf seit Beginn der Corona-Krise.

„Die Anspannung war bei allen groß und der organisatorische Aufwand wirklich enorm“, sagte eine völlig erschöpfte, aber glückliche Doris Nabrowsky am Veranstaltungstag. Nicht nur von den Sportlern gab es ein dickes Lob für die Organisatorin und ihren gesamten Stab. Auch Bundestrainer Helge Zöllkau zog den Hut: „Toll, dass dieses Event stattfinden konnte. Unter derart schwierigen Bedingungen und mit den vielen Vorschriften wurde der Wettkampf hervorragend ausgerichtet.“ Mehr gehe nicht. Für die „ausgehungerten“ Athleten sei die sechste Auflage des Marzahner Hammerwurfmeetings der langersehnte Neustart nach drei Monaten Stillstand gewesen und eine wichtige Standortbestimmung noch dazu. 

 

Olympia-Heldin Kirsten Münchow als Schirmherrin

Insgesamt waren 25 statt üblicherweise 50 Teilnehmende am 27. Juni ins Stadion an der Allee der Kosmonauten gekommen, um sich wieder ans Wettkampf-Werfen heranzutasten. Trotz mancher Trainingsrückstände und der sommerlichen Hitze konnte sich das Niveau durchaus sehen lassen. Für einige Sportler reichte es sogar zu Top-Weiten und persönlichen Bestleistungen. Merlin Hummel vom UAC Kulmbach (Jahrgang 2002) etwa schleuderte seinen 7,26-Kilo-Hammer über 70 Meter und hat damit vor den Deutschen Meisterschaften ein echtes Ausrufezeichen gesetzt. Auch für die Marzahner Nachwuchshoffnung Wilhelmine Süßbier lief der Wettbewerb hervorragend. Unter den Augen von Helge Zöllkau kam sie auf 51,93 Meter. „Klar war das ein Ansporn“, sagte die 16-Jährige. „Wenn der Bundestrainer zuschaut, willst du zeigen, was du draufhast. Schließlich träumen doch alle von der Nationalmannschaft.“ 

 

Auch Meeting-Küken Enya Schubert, die erst seit einem Jahr mit dem schweren Wurfgerät trainiert, war mit ihrer Leistung vollends zufrieden: 30,30 Meter – so weit habe sie noch nie geworfen. „Ich bin sehr stolz, dass mir das auch noch hier in Berlin gelungen ist.“ Die Elfjährige ist Mitglied beim VfR Evesen, dem Verein von Hammerwurf-Olympiamedaillen-Gewinnerin Kirsten Münchow. Die 43-Jährige hatte in diesem Jahr die Schirmherrschaft für das Marzahner Sportevent übernommen. Als die Anfrage sie erreichte, habe sie nicht lange überlegen müssen: „Ich erinnere mich immer noch so gern an das Meeting 2016 hier auf der Anlage zurück. Damals haben wir Betty Heidler zu ihren letzten Olympischen Spielen nach Rio verabschiedet. Es war ein Mega-Event mit Samba-Tänzerinnen und allem Drum und Dran.“ 

 

Deutsche Hammerwurf-Szene wird von Frauen dominiert

Die einstige Spitzenathletin kam in Begleitung ihrer Mutter, der Hammerwurf-Trainerin Karin Münchow, und ihrem Sohn Sören Hilbig in diesem Jahr nach Berlin. „Wir sind immer gemeinsam unterwegs.“ Ihr Spross setzt die Familientradition fort. Vergangenes Jahr konnte der heute 18-Jährige den deutschen Meistertitel der U20 bejubeln. Aktuell liegt er auf dem zweiten Rang der deutschen Bestenliste, verpasste in Marzahn aber mit 69,30 Metern den Sieg.

 

Die Fußstapfen, in die er tritt, sind übrigens groß. Papa Holger Klose ist mehrfacher deutscher Vizemeister. Mama Kirsten schrieb Sportgeschichte, als sie im Jahr 2000 bei der olympischen Hammerwurf-Premiere der Frauen in Sydney überraschend Bronze gewann. „Es war der fünfte Versuch“, erinnert sich Münchow an ihren grandiosen Auftritt. „Ich bin aus dem Ring getreten und dachte nur: Das war der Wurf meines Lebens.“ Ihr Gefühl täuschte nicht. 69,28 Meter bedeuteten den deutschen Rekord und Edelmetall. Auch Doris Nabrowsky weiß noch genau, wie das war vor 20 Jahren. „Zu der Zeit hieß es noch: Hammerwurf und Frauen – muss das denn sein? Heute haben wir hier mehr Teilnehmerinnen als Teilnehmer.“ Das sei kein Zufall, sondern Spiegelbild der Hammerwurf-Szene, merkt die Vorsitzende von Fortuna an. 

Dementsprechend war auch der Frauenwettbewerb sportlicher Höhepunkt des Marzahner Meetings, bei dem Carolin Paesler als Siegerin hervorging. Die deutsche Meisterin von 2017 setzte sich mit 67,74 Metern durch und kam bis auf drei Meter an ihre persönliche Bestleistung heran. Platz zwei ging an Samantha Borutta aus Mutterstadt (64,84 Meter).