„Ohne eigene Immobilien wären wir heute schon pleite.“


Dr. Thomas Pfeifer führte das Zentrum Wuhletal zum Erfolg

"Ohne eigene Immobilien wären wir heute pleite"

Dr. Thomas Pfeifer, Geschäftsführer des Wuhlgarten e. V. und der Wuhletal gGmbH, trägt die Verantwortung für 18 Projekte und 134 Mitarbeiter.
Dr. Thomas Pfeifer, Geschäftsführer des Wuhlgarten e. V. und der Wuhletal gGmbH, trägt die Verantwortung für 18 Projekte und 134 Mitarbeiter.

In unserer Rubrik „Einfach machen“ berichten wir über langjährig berufstätige Menschen, die sich der Suche nach Lösungen hingeben statt zu lamentieren. So einer ist Dr. Thomas Pfeifer. Er wuchs in Thüringen auf, führte schon als Kind ein Leben humanistisch-katholischer Prägung, studierte Psychologie an der Humboldt-Uni, arbeitete ab 1986 am Griesinger-Krankenhaus im Brebacher Weg, gründete Anfang der 1990er Jahre das Psychosoziale Zentrum Wuhletal und leitet es seitdem als Geschäftsführer.

Herr Pfeifer, Sie engagieren sich beruflich und in Ehrenämtern, speziell in der CDU. Ihre Mitgliedschaft in der BVV haben Sie vor Kurzem aufgegeben, warum?

In der BVV lernte ich interessante Leute und Themenfelder kennen. Die Wirksamkeit als einzelner Bezirksverordneter sollte man aber nicht zu optimistisch sehen. Nach meinem Eindruck geht es vielmehr darum, bestimmte Themen öffentlich zu machen. Ich denke, dass mir das für soziale Themen, beispielsweise die Situation der Obdachlosen, auch etwas gelungen ist.

 

Ihre Nachfolge in der Fraktion trat ein junger Mann an.

Mit 60 Jahren möchte ich etwas besser mit meinen Kräften haushalten und möglichst mit 63 Jahren in Rente gehen. Außerdem lebe ich jetzt im Raum Ludwigsfelde. Das hat meinen Alltag verändert und auch der Arbeitsweg nach Biesdorf in die Geschäftsstelle der Wuhletal gGmbH ist länger geworden.

 

Wo ist die Geschäftsstelle?

Wir sitzen im Brebacher Weg. Bei uns laufen die Fäden des Wuhlgarten e.V. und der Wuhletal gGmbH zusammen. Für derzeit 18 Projekte sind insgesamt 134 Mitarbeitende und 90 Ehrenamtliche tätig.

 

Ganz schön viel für einen Chef.

Man plagt sich ganz schön mit der Wohlfahrtsbürokratie herum. Sie wächst so stark, dass ich das gleiche Arbeitspensum wie vorher habe, obwohl mir eine neue Kollegin zur Seite steht. – Da wirste echt rammdösig! 

 

Fehlt jetzt die Geduld?

Nach drei Jahrzehnten Aufbau- und Erhaltungsarbeit und nach unzähligen neuen Verordnungen möchte ich manchmal nur noch Tacheles reden. Dann werde ich schon mal cholerisch. Aber es ist mir immerhin peinlich. (lächelt)

 

Klingt angenehm selbstbewusst.

Menschliches Erleben und Verhalten zu verstehen, ist mein Job als Psychologe und Psychotherapeut. Als es Anfang der 90er um die Ent-Hospitalisierung psychosozialer Betreuung ging, setzten sich der damalige Chef und einige meiner Griesinger-Kollegen für die Gründung einer psychosozialen Einrichtung ein. Jemand musste das alles organisieren und auf den Punkt bringen, und das war ich.

 

Und der Bedarf veränderte sich im Laufe der Zeit, oder?

Das Bezirksamt fragte immer wieder zwecks Problemlösungen an. Zum Beispiel mussten psychisch kranke Mütter untergebracht und begleitet werden. Zufällig konnten wir zu diesem Zeitpunkt ein Haus in Mahlsdorf erwerben, in das 2018 sechs junge Frauen mit ihren Kindern sowie ein betreuender Mitarbeiter einzogen.

 

Klappt das denn?

Als Kleinstwohnanlage hat sich das erwähnte Mütterprojekt absolut bewährt – genauso wie einige andere, etwa unser Haus im Brebacher Weg mit elf jungen Leuten­ über 18 oder auch das Haus der Parität am Elsterwerdaer Platz mit fünf betreuten Erwachsenen, welches wir aktuell in Betrieb nehmen.

 

Das Zentrum Wuhletal verfügt über eigene Immobilien, warum?

Uns gehören 45 Wohnungen, die wir ohne Gewinn vermieten. In anderen Objekten sind wir selbst Mieter und untervermieten ungefähr 70 Wohnungen, zum Beispiel in der Martin-Riesenburger-Straße.

 

„Sozialverein-Maserati-Harry“ hatte ein hübsches Grundstück gekauft. Sind Sie auch so einer?

Natürlich nicht und das lässt sich nachprüfen. Unsere Finanzen sind weitaus seriöser, aber leider unausgeglichen. Einerseits machen wir mit kommunal bezahlten betreuten Wohnformen Überschüsse und andererseits sind wir mit den Beratungsstellen regelmäßig im Minus. Müssten wir heute alle Objekte zu marktüblichen Preisen anmieten, wären wir bereits pleite, ehrlich! Immobilien kauften und bebauten wir zu Zeiten, als die Preise noch vertretbar waren. Außerdem sparten wir so manchen Euro mit Eigenleistungen. 

 

In Eigenregie baute das Zentrum auch in Kaulsdorf. 

Das war wirklich gut. Aber mich als Geschäftsführer strengte es über die Jahre wahnsinnig an. Man ist immer der Letztverantwortliche und muss jeden Schritt in Gremien klären oder erklären, ob mit dem Bauamt oder vor Ort auf der Baustelle und natürlich in den eigenen Reihen. Alle gucken hin und über allem steht: „Ein Misserfolg ist undenkbar.“ 

 

Viel Energie kostete ganz sicher die Krankenhauskirche im Wuhlgarten, oder?

Die Übertragung 2009 in unsere Trägerschaft war eher dem Zufall geschuldet. So ein denkmalgeschütztes Gebäude ist aber nie ganz fertig. 2011 war die Sanierung des Kirchturms abgeschlossen und 2014 weihten wir die neue Glocke ein. Beide Maßnahmen hatten viele Unterstützer, darunter das UKB, ehemalige Klienten von uns und etliche Bürger. Um regelmäßige Konzerte und Ausstellungen kümmern sich Ehrenamtliche und wir arbeiten dabei eng mit der langjährig aktiven Interessengemeinschaft Kirche zusammen.

 

Diese Kirche nennen Sie die Visitenkarte des Vereins. Sind Sie selbst konfessionell gebunden?

Die Pfeifers in Sondershausen im Südharz waren ohne Wenn und Aber eine katholische Familie und seitdem lebe ich meinen Glauben aus tiefer Überzeugung. Meine zwei erwachsenen Kinder sind ebenfalls Mitglied der katholischen Kirche.

 

Welche besten Erinnerungen haben Sie an Kindheit und Heimat?

Ich bin gerne Fahrrad gefahren und habe zusammen mit einem Freund auch längere Touren gemacht. Ich besaß übrigens immer nur gebrauchte Räder, die man ein bisschen aufmöbeln musste. 

 

Was bedeuten die drei Wohnwagen und der Bauwagen in Nähe Ihrer Geschäftsstelle?

Unsere kleine Wagenburg dient als Testprojekt für Obdachlose. Bewohner sind willkommen und können sich bei uns melden. Derzeit hat hier ein betagter Mann eine Bleibe gefunden, es ist zufällig ein Russlanddeutscher.

 

Die große Zahl der Russlanddeutschen in Marzahn-Hellersdorf – es sind 30.000 – macht den Bezirk schon recht besonders.

Ja, auch zu diesem Thema hätte ich mir in meiner Partei mehr Diskussionen darüber gewünscht, wie wir konservative Themen interpretieren. Deutsche aus den GUS-Staaten siedelten begeistert und voller Hoffnung in das Stammland ihrer Urväter um. Sie erleben aber, dass unsere Gesellschaft viele Lebensformen zulässt. Solche und andere Erfahrungen haben so manchen in die Sucht oder sogar in die Obdachlosigkeit getrieben. 

 

Gespräch: Ute Bekeschus