Wofür soll der Bezirk Geld ausgeben?

Ab 14.9. können Vorschläge für den Bürgerhaushalt 2022/23 eingereicht werden

Wofür soll der Bezirk Geld ausgeben?

Jörn Brenssell, Dagmar Pohle und Kerstin Schwarz informierten bei einem Pressegespräch über den neuen Bürgerhaushalt für die Jahre 2022/23.
Jörn Brenssell, Dagmar Pohle und Kerstin Schwarz informierten bei einem Pressegespräch über den neuen Bürgerhaushalt für die Jahre 2022/23.

Stolperfallen vor der Haustür, Müll auf dem Spielplatz, zu wenig Sitzbänke im Park oder fehlende Schattenspender auf dem Schulhof: Vorstellungen davon, wo und wie der eigene Kiez attraktiver werden könnte, haben die meisten von uns. Wer nicht nur meckern, sondern etwas verändern will, kann beim Bürgerhaushalt mitmachen. Der geht am kommenden Montag in eine neue Runde. Das heißt: Es dürfen wieder Vorschläge für Projekte eingereicht werden. Anfang 2021 erfolgt dann die Abstimmung.

Seit 2006 gibt es in Marzahn-Hellersdorf den Bürgerhaushalt und damit die Möglichkeit für Einwohnerinnen und Einwohner, sich ein Stück weit an der Aufstellung des bezirklichen Haushalts zu beteiligen. Das Verfahren ist im Laufe der Jahre reformiert worden. Bewährt hat sich die Einführung eines festen Budgets in Höhe von jährlich 200.000 Euro. Über diese Summe dürfen die Bürgerinnen und Bürger verbindlich entscheiden. Damit möglichst viele Ideen Berücksichtigung finden und auch relativ flott umgesetzt werden können, gibt es zwei Vorgaben: Die Projekte für das Bürgerbudget müssen in die Zuständigkeit des Bezirksamts fallen und dürfen nicht mehr als 20.000 Euro kosten.

 

Schaukästen, Spielplätze, Sitzbänke

Bei einem Pressegespräch am Donnerstag stellte Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) gemeinsam mit Kristina Uhl und Kerstin Schwarz von der „Geschäftsstelle Bürgerhaushalt“ einige Projekte vor, die mit Geld aus dem Doppelhaushalt 2018/19 umgesetzt werden konnten, darunter die neuen Info-Schaukästen im Siedlungsgebiet und die zusätzlichen Hinweisschilder zum Frauenzentrum Matilde. „Auch Bänke spielen im Bürgerhaushalt immer eine große Rolle“, berichtete Kerstin Schwarz. Mehrere Sitzgelegenheiten seien aufgestellt oder wieder in Schuss gebracht worden.

 

„Der Bürgerhaushalt kennt keine Altersgrenze“

Das Schaukelgerüst hinter der Marcana-Schule am Seelgrabenpark und die Ausstattung des Fußballkäfigs an der Rabensteiner Straße mit Basketballkörben gehen auf die Vorschläge von Kindern und Jugendlichen zurück. Seit Jahren schon mischen sie aktiv mit. Dabei habe sich gezeigt, so Dagmar Pohle, dass auch junge Bewohnerinnen und Bewohner „schon ganz konkrete Vorstellungen davon haben, was sich in ihrem Kiez verändern muss.“ Unterstützung und Begleitung beim Verfahren bietet das Kinder- und Jugendbeiteiligungsbüro an. Jörn Brenssell und seine Kolleginnen kommen für Workshops, Ideenwerkstätten und Gespräche in Schulen, Jugendklubs und Geflüchtetenunterkünfte. „Der Bürgerhaushalt kennt keine Altersgrenze“, sagt Brenssell.

 

Bürgerbeteiligung per Mausklick

Ideen, wofür im Doppelhaushalt 2022/23 Geld eingestellt werden soll, können ab dem 14. September auf der Website www.mischen-sie-mit.de eingereicht werden.

Mehr noch als in den Vorjahren wird sich der Bürgerhaushalt diesmal im Internet abspielen. „Auch in der Annahme, dass die Pandemie sicher nicht im Laufe der nächsten Tage beendet sein wird, haben wir uns dazu entschlossen“, begründet die Bezirksbürgermeisterin den Fokus auf das Online-Portal. Menschen, die sich nicht so gern im Netz bewegen, sollen aber nicht ausgeschlossen werden. Sie dürfen ihre Vorschläge schriftlich abgeben. Entsprechende Formulare sollen ab Montag in den Stadtteilzentren und Bibliotheken ausliegen.

 

Alle Einreichungen werden geprüft 

Am 12. Oktober endet die Vorschlagsphase. Anschließend prüfen die jeweiligen Fachbereiche der Verwaltung alle Einreichungen auf ihre Machbarkeit. Außerdem werden die Kosten geschätzt, Stellungnahmen abgegeben und die Vorschläge mit einer Kategorie versehen. Projekte mit dem Buchstaben A erfüllen die Kriterien für das Bürgerbudget. Kategorie-B-Vorhaben sind ebenfalls haushaltsrelevant, übersteigen aber den Kostenrahmen von 20.000 Euro, wohingegen C bedeutet, dass die Umsetzung in der Verantwortung Dritter liegt. Das können zum Beispiel die Wasserbetriebe, der Senat, die Berliner Stadtreinigung, die BVG, die Post oder die Deutsche Bahn sein. 

 

Online-Voting ab 18. Januar

Vom 18. Januar bis 8. Februar 2021 läuft dann das Online-Voting. Die Kategorie-A-Vorschläge mit den meisten Stimmen werden unmittelbar in den Haushalt eingestellt, bis das Budget, also die 200.000 Euro pro Jahr, aufgebraucht ist. Auf diese Weise konnten im Rahmen des Bürgerhaushaltsverfahrens 2018/19 insgesamt 26 von 44 eingereichten Vorschlägen realisiert werden. Drei weitere sind noch in der Umsetzung.

 

Vorschläge zeigen, wo der Schuh drückt

Alle anderen Projektideen und Wünsche fallen aber nicht einfach unter den Tisch, betont die Bezirksbürgermeisterin. Oft werden die Verordneten durch die Vorschläge auf wichtige Dinge aufmerksam gemacht, die sie mitunter noch nicht im Blick hatten. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass auch Vorschläge, die teurer als 20.000 Euro sind oder nur wenig Stimmen erhalten haben, im Zuge der regulären Haushaltsberatungen im Bezirksparlament Berücksichtigung finden.

Anders verhält es sich mit Anliegen, für die Dritte zuständig sind. Sie gehen ohne Abstimmung direkt an die Bezirksstadträte, die dann angehalten sind, sich mit den Vorschlägen an die jeweiligen Stellen zu wenden.

 

„Dauerbrenner“ Bürgerhaus Mahlsdorf

Und manchmal, bemerkt Dagmar Pohle, dauere es auch mehrere Jahre, bis sich Bewohnerwünsche erfüllen. Als Beispiel führt sie die Forderung nach einem Bürgerhaus für Mahlsdorf-Süd an. „Das war ein Dauerbrenner der vergangenen Bürgerhaushalte.“ Immerhin gebe es mittlerweile ein kleines Bürgerstübchen am Hultschiner Damm, Ecke Erich-Baron-Weg, das jetzt auch eine Zuwendung aus dem Bezirkshaushalt erhalte. 

Pohle stellt aber auch eine größere soziokulturelle Einrichtung für die Region in Aussicht. Sie soll zusätzlich zu den geplanten Wohnungen auf der großen Brache an der Parlerstraße entstehen. Bevor dort allerdings die Bagger anrollen, muss erst noch das Bebauungsplanverfahren zu Ende gebracht werden. Es ist also weiterhin Geduld gefragt. Beim Bürgerhaushalt sei das ohnehin wie zu Hause mit dem eigenen privaten Budget, sagt die Bezirksbürgermeisterin. „Nicht alles, was man sich wünscht, lässt sich sofort umsetzen. Manches kommt auf die Warteliste.“