Die Stimme der Eisbären

Uwe Schumann ist seit vielen Jahren Hallensprecher des Rekordmeisters

Die Stimme der Eisbären

Einmal Eisbär, immer Eisbär: Das gilt auch für den Kaulsdorfer Uwe Schumann. © imago images / Contrast
Einmal Eisbär, immer Eisbär: Das gilt auch für den Kaulsdorfer Uwe Schumann. © imago images / Contrast

Seine Stimme kennt ganz Eishockey-Deutschland. Seit fast drei Jahrzehnten ist Uwe Schumann Stadionsprecher bei den Eisbären Berlin. Der Kaulsdorfer war schon dabei, als die Dynamos 1992 in die erste Liga zurückkehrten und in den Folgejahren gegen die Konkurrenz erbittert ums sportliche Überleben kämpften. Natürlich erinnert er sich auch noch ganz genau an den 19. April 2005 – jenen historischen Tag, an dem die Eisbären ihren ersten Deutschen Meistertitel holten. 

 

Einmal Eisbär, immer Eisbär

Die Liebe zum Spiel entdeckte Schumann 1990. Ein Kumpel hatte noch eine Karte übrig und schleppte ihn mit in den altehrwürdigen Wellblechpalast, die damalige Wirkungsstätte der Eisbären. Die atemberaubende Stimmung im „Welli“, das Tempo und die Intensität auf dem Eis, die Nähe zum Spielgeschehen – das alles hinterließ einen bleibenden Eindruck bei Uwe Schumann. Nach nur einer Partie hatte ihn das Eishockey-Fieber gepackt. Er sagt: „Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bist sofort infiziert oder komplett überfordert, weil dir alles zu schnell geht.“ Bei ihm war es quasi Liebe auf den ersten Blick für den Sport und den Verein.

 

Erst DEFA, dann „Welli“

Zu seinem Job bei den Eisbären kam der heute 59-Jährige dann 1991. Damals kündigte Ex-Spieler Hans Frenzel an, seinen Platz in der Sprecherkabine zu räumen. „Ich erfuhr, dass Hanne aufhört und bewarb mich um die Stelle“ – mit Erfolg. Erfahrung am Mikro und vor der Kamera hatte Schumann schon zu DDR-Zeiten gesammelt. 1972 übernahm er eine Hauptrolle im DEFA-Film „Die Squaw Tschapajews“. Später moderierte er Kindermatinees im Karlshorster Kino „Vorwärts“ und legte als DJ auf. Heute ist die Mercedes-Benz-Arena am Ostbahnhof seine Bühne. 

 

Mehr als die Stimme aus dem Off 

Ein Arbeitstag dort läuft eigentlich immer gleich ab und beginnt mit der Regiebesprechung und einem Briefing vom Pressesprecher. Kurz vor Anpfiff betritt Uwe Schumann dann die spiegelglatte Eisfläche (ausgerutscht ist er bislang nur dreimal) und begrüßt jeden einzelnen Fanblock in der 14.200 Zuschauer fassenden Halle. „Ich fand es schon früher ganz schrecklich, wenn Stadionsprecher nur als Stimme aus dem Off wahrgenommen wurden. Deswegen bin ich von Anfang an aufs Eis gegangenen und habe mich den Fans gezeigt. Mittlerweile machen das alle so.“ 

 

Traum von 1.000 Einsätzen 

Schumann ist Mitglied des 18-köpfigen Kampfgerichts, gibt die Aufstellungen bekannt, sagt Tore und Strafen an. 843 Partien hat er inzwischen auf dem Buckel. Mehr Einsätze vor heimischem Publikum kann nicht mal Eisbären-Legende Sven Felski vorweisen. Auf die Frage, ob er schon mal ans Aufhören gedacht habe, antwortet Schumann: „Die 1.000 würde ich noch ganz gern vollmachen.“ Doch aktuell bremst ihn Corona aus. Das letzte DEL-Spiel liegt sieben Monate zurück. Ob der November als Saisonstart gehalten werden kann, entscheidet sich in den kommenden Tagen. „Über Geisterspiele brauchen wir beim Eishockey überhaupt nicht nachdenken und auch von einer 20-prozentigen Auslastung der Hallen, wie derzeit angedacht, können die Vereine nicht leben“, weiß Uwe Schumann. Denn anders als beim Fußball machen Fernsehgelder nur einen kleinen Posten des Umsatzes aus. 80 Prozent werden vor Ort durch Ticketing, Merchandising, den Verkauf von Getränken und Speisen erwirtschaftet. Eishockey braucht Zuschauer, daher ist aktuell auch eine komplette Saison-Absage noch nicht vom Tisch.

 

Sehnsucht nach dem Kufensport

Uwe Schumann würde das unheimlich schmerzen. Ums Geldverdienen geht es ihm dabei nicht. Denn seine Tätigkeit bei den Eisbären ist ein Ehrenamt. Hauptberuflich arbeitet er als Lehrer an der Oscar-Tietz-Schule in Marzahn (Oberstufenzentrum Handel II). Dort unterrichtet er schon seit vielen Jahren Sozialkunde, Informatik und Sport. 

Obwohl er mit dem Moderieren seinen Lebensunterhalt nicht bestreitet, hat Schumann bislang fast kein Heimspiel verpasst. Sogar Urlaube wurden für Eishockey schon mal unterbrochen. Insofern blieb in den vergangenen Monaten etwas mehr Zeit für die Familie. Aber nun ist die Sehnsucht groß, endlich mal wieder „Tor für die Eisbären“ ins Mikro zu rufen und den Einspieler „Ene, mene, miste, es rappelt in der Kiste“ über die Lautsprecher der Mercedes-Benz-Arena zu hören. „Ich vermisse Eishockey schon ziemlich doll“, gesteht der sympathische Stadionsprecher.