Stress wegen Noten: Oma sorgt sich um Enkel

Teil 4 unserer Rubrik Ich hab da mal 'ne Frage

Stress wegen Noten: Oma sorgt sich um Enkel

© Irina Polonina, Adobe Stock
© Irina Polonina, Adobe Stock

Ich finde, dass meine Tochter einen zu hohen Leistungsdruck auf meinen Enkel ausübt. Der Junge ist 14 Jahre, geht aufs Gymnasium und kommt dort ziemlich gut zurecht, aber bei seiner Mutter zählen nur Einser und Zweier. Wenn er mal eine schlechtere Note schreibt, ist das Drama zu Hause wirklich groß. Meine Sorge ist, er könnte irgendwann so sehr gestresst sein, dass er gleich alles hinschmeißt. Wie sage ich es ihr, ohne dass sie sich auf den Schlips getreten fühlt?

Das sagt der Experte:

Das ist eine spannende Frage. Bevor Sie mit gut gemeinten Ratschlägen um die Ecke kommen, würde ich Ihnen empfehlen, noch einmal zu überprüfen, ob auch andere Ihre Wahrnehmung teilen. Vielleicht kann Ihnen Ihr Mann sagen, welchen Eindruck er hat. Noch wichtiger aber ist: Was sagt Ihr Enkel eigentlich dazu? Verspürt er diesen Druck seitens seiner Mutter tatsächlich und wenn ja, könnte er vielleicht selbst mit ihr reden? 

Wenn das für ihn keine Option ist und Sie als seine Oma weiterhin das Gefühl haben sollten, er leidet zu sehr, stellt sich die Frage, wie Sie das Gespräch mit Ihrer Tochter angehen, ohne dass diese nicht gleich das Gefühl hat, sie wollen ihr in die Erziehung reinreden. Ein guter Einstieg könnte sein, sich nach ihren Ängsten zu erkundigen und Verständnis aufzubringen. Zweifellos hat sie ja etwas ganz Wichtiges im Sinn: nämlich eine gute Zukunftsperspektive für ihren Sohn. 


MATTHIAS MÜLLER-GUTH

ist Psychologe am SOS-Familienzentrum Berlin. In der „Hellersdorfer“ beantwortet er Fragen von Leserinnen und Lesern zu den Themen Paarbeziehungen, Familienleben und Kindererziehung. Brauchen auch Sie einen guten Rat? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail (redaktion@die-hellersdorfer.de) oder einen Brief  („Die Hellersdorfer“, Döbelner Straße 4B, 12627 Berlin).


Teilen Sie ihr dann im Laufe des Gesprächs mit, dass Sie befürchten, der Druck auf den Jungen könnte gerade in der pubertären Phase nach hinten losgehen und er nicht das Gefühl vermittelt bekommen sollte, seine Eltern würden ihm nichts zutrauen.

Vielleicht empfehlen Sie Ihrer Tochter außerdem, sich einfach einmal in der Schule bei den Lehrerinnen und Lehrern nach den Leistungen ihres Kindes zu erkundigen oder den Kindesvater zu fragen, wie er das Ganze überhaupt sieht.

Letztendlich hängt es stark von ihrem Verhältnis zueinander ab, wie erfolgreich eine solche Unterhaltung ist. Vielleicht käme dann auch zur Sprache, was Sie und Ihre Tochter miteinander erlebt haben, als sie selbst noch ein Schulkind war. Das könnte klärend, vielleicht aber auch heikel sein.

 

Sollten Sie nicht weiterkommen, gäbe es noch die Möglichkeit, sich in der Erziehungs- und Familienberatung ein paar Tipps zu holen. Wir haben immer wieder auch mit Großeltern zu tun, die sich an uns wenden, weil es Probleme in der Familie gibt, die sie nicht gelöst bekommen. Genauso gut könnten Sie aber auch Ihrer Tochter den Hinweis geben, dass es Leute vom Fach gibt, die ein Ohr für sie haben und mit ihr sehr einfühlsam darüber sprechen, was genau sie belastet und ob die schulischen Leistungen ihres Sohnes tatsächlich Anlass zur Sorge geben.

 

SOS-Familienzentrum Berlin

Erziehungs- und Familienberatung (EFB)

Alte Hellersdorfer Straße 77

Mo-Fr, 9-18 Uhr 

T. (030) 56 89 10-0 

fz-berlin@sos-kinderdorf.de