So funktioniert die Rückkehr zum kostenlosen Mittagessen

Die Schulleiterin der Beatrix-Potter-Grundschule berichtet

Rückkehr zum kostenlosen Mittagessen

Schulleiterin Barbara Reich in der Mensa
Schulleiterin Barbara Reich in der Mensa

Gemeinsame Mahlzeiten haben an der Beatrix-Potter-Grundschule (Ludwigsfelder Straße 7) einen hohen Stellenwert. Normalerweise essen ausnahmslos alle 628 Kinder in der Hellersdorfer Schule sowohl Frühstück als auch Mittag. „Wir machen das seit der Einführung des kostenlosen Mittagessen in Berlin und es hat sich bewährt“, sagt Schulleiterin Barbara Reich.

Die 15-minütige Frühstückspause findet nach der ersten Stunde gemeinsam mit der unterrichtenden Lehrkraft statt. Mittags gehen die Klassen geschlossen in die Mensa – allerdings zu unterschiedlichen Zeiten, denn Speisesaal und Foyer haben insgesamt nur 144 Plätze. Alles ist genau getaktet. „Das war eine logistische Herausforderung, hat sich aber schnell eingespielt“, berichtet Barbara Reich. Sie ist überzeugt davon, dass die gemeinsamen Mahlzeiten ihre Schülerinnen und Schüler stark machen, weil dadurch Zusammenhalt und Austausch gefördert werde. „Es geht nicht nur darum, etwas im Bauch zu haben“, sagt sie. „Die Kinder verbringen beim Essen ungezwungen Zeit miteinander. Es wird ausgelassen erzählt und gelacht.“ So entstehe ein besonderes Wir-Gefühl und eine angenehme Atmosphäre in der Klasse.

Doch das alles war vor Corona und vor dem im Dezember verordneten Lockdown. Abgesehen von den Kindern in der Notbetreuung mussten Berlins Grundschülerinnen und Grundschüler monatelang nicht nur auf normalen Unterricht verzichten, sondern auch auf das ihnen gesetzlich zustehende kostenlose Mittag. Problematisch war dies vor allem für jene Mädchen und Jungen, die oftmals in der Schule ihre einzige warme und vollwertige Mahlzeit am Tag erhalten. 

 

BEZIRK GEHT SONDERWEG

Und auch wenn es eine ganze Weile gedauert hat: Marzahn-Hellersdorf reagierte berlinweit mit am schnellsten auf diesen Zustand und konnte Abhilfe schaffen: Seit dem 22. Februar bekommen alle Kinder, die es wünschen, wieder Mittag in der Grundschule, selbst wenn sie gerade zu Hause lernen. Mit Blick auf die Kontaktbeschränkungen und die häufig sehr beengten Speisesäle mussten die Schulleitungen gemeinsam mit den Caterern teilweise sehr kreative Lösungen entwickeln, um die Essensausgabe zu ermöglichen. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Schon in der ersten Woche nahmen im Bezirk rund 1.000 Familien das Angebot in Anspruch. „Ich freue mich, dass alle Schulen hier mitgezogen haben und wir damit gemeinsam etwas zur Entlastung unserer Familien beitragen können“, sagt Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD), der das Ganze initiiert hat.

 

ESSEN „TO GO“

In der Beatrix-Potter-Grundschule liegt die Zahl der zusätzlichen Essensanmeldungen aktuell bei über 100. „Und es werden immer mehr“, bemerkt Schulleiterin Barbara Reich. Alle Schülerinnen und Schüler sind inzwischen aus dem Lockdown zurückgekehrt, wo sie in halber Klassenstärke und im Schichtmodell täglich drei Stunden unterrichtet werden. Doch nur 90 Kinder, die ganztägig in der Notbetreuung vor Ort sind, können auch regulär in der Schule essen. Die anderen nehmen ihre Mahlzeit mit nach Hause. Sie wird den Kids in Assietten durch ein Fenster auf den Schulhof gereicht. Das sei keine ideale Lösung, gesteht Reich, die das To-Go-Essen auch wegen des hohen Müllaufkommens kritisch sieht. „Doch aufgrund der Abstandsregeln, der halben Klassenstärken und den räumlichen Bedingungen bekommen wir es zeitlich nicht hin, allen Kindern die Essenseinnahme in der Schule anzubieten.“ 

 

FAMILIEN ENTLASTEN

Trotzdem macht das Angebot Sinn. Genau wie der Schulstadtrat versteht auch Barbara Reich es als einen kleinen Baustein, den Kindern etwas Gutes zu tun und Eltern in der jetzigen Situation zu entlasten. Und das sei dringend notwendig, weiß die Schulleiterin aus zahlreichen Gesprächen mit Müttern und Vätern, die mit ihren Kräften am Limit­ sind. „Ich spreche den Eltern meine Hochachtung aus. Was sie seit Monaten alles im Rahmen von Homeoffice, Haushalt und Kinderbetreuung leisten, ist enorm.“ 

Wirkliche Entlastung für die Familien wird jedoch erst die Rückkehr zum Regelunterricht bringen und die ist noch nicht in Sicht. Ein wenig Hoffnung macht die Ankündigung des Senats, in Kürze auch die Impfeinladungen für Grundschullehrerinnen und -lehrer rauszuschicken. Seit 22. Februar können sich Lehrkräfte zudem zweimal pro Woche an ihrem Arbeitsplatz auf das Coronavirus „schnelltesten“ lassen. An der Beatrix-Potter-Grundschule haben sich zwei Kolleginnen bereiterklärt, die Abstriche beim Personal immer montags und donnerstags vor dem Unterricht vorzunehmen.