Was, wenn er nicht heiraten will?

Teil 6 unserer Rubrik Ich hab da mal 'ne Frage

Was, wenn er nicht heiraten will?

© Lightfield Studios, Adobe Stock
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Ich bin seit zwölf Jahren mit meinem Freund zusammen. 2014 kam unsere wundervolle Tochter zur Welt. Sie trägt seinen Nachnamen, weil ich fest davon überzeugt war, dass wir eines Tages heiraten werden. Doch wann immer ich das Thema anspreche, weicht er aus oder klopft so doofe Sprüche wie: „Der Antrag kommt, wenn du es am wenigsten erwartest.“ Ich warte nun aber schon ziemlich lange. Das ist so frustrierend. Vielleicht liebt er mich ja weniger als ich ihn und will sich noch eine Hintertür offenhalten. Ich möchte ihm nicht die Pistole auf die Brust setzen, aber für mich ist Heiraten immer noch der schönste Liebesbeweis und mein sehnlichster Zukunftswunsch. Wie bekomme ich ihn dazu, Ja zu sagen?

Das sagt der Experte:

Liebe Heiratswillige, vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Um gleich auf Ihre letzte Frage einzugehen: Niemand sollte zu einer Hochzeit überredet werden. Sie möchten doch sicher nur einen Antrag von jemandem bekommen, der Sie aus freien Stücken zur Frau nimmt und sich nicht genötigt fühlt.

Was mich interessieren würde: Haben Sie Ihren Wunsch wirklich schon ganz offen angesprochen und Ihrem Partner zu verstehen gegeben, wie viel Ihnen daran liegt? Oder haben Sie es bislang bei Andeutungen belassen? Vielleicht waren Sie etwas zu zaghaft, um keinen Druck aufzubauen – zu zurückhaltend, aus Angst vor einer enttäuschenden Antwort.

 

Um nicht länger im Unklaren zu bleiben, braucht es auf jeden Fall ein offenes und ehrliches Gespräch. Sie wirken auf mich sehr entschieden. Bevor Sie das Thema auf den Tisch bringen, könnten Sie sich aber trotzdem noch einmal fragen, was genau Ihre Motivation für die Heirat ist und ob Sie sich Ihrer Sache absolut sicher sind. Stellen Sie sich vor, er ginge plötzlich vor Ihnen auf die Knie. Würde Ihnen angesichts dieser lebensverändernden Entscheidung nicht auch das Herz ein wenig in die Hose rutschen? Darüber nachzudenken, könnte Aufschluss darüber geben, warum Sie ihn bisher nicht direkt konfrontiert haben. Außerdem hilft es, die Ambivalenz Ihres Freundes besser zu verstehen.


MATTHIAS MÜLLER-GUTH

ist Psychologe am SOS-Familienzentrum Berlin. In der „Hellersdorfer“ beantwortet er Fragen von Leserinnen und Lesern zu den Themen Paarbeziehungen, Familienleben und Kindererziehung. Brauchen auch Sie einen guten Rat? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail (redaktion@die-hellersdorfer.de) oder einen Brief  („Die Hellersdorfer“, Döbelner Straße 4B, 12627 Berlin).


Vielleicht hat Ihr Freund ganz andere Gründe für sein Zögern als die, die Ihnen Angst machen? Mag sein, dass er sich schwer tut mit Verträgen, die ihn langfristig binden. Oder er hat sich im Bekanntenkreis umgeschaut und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein Trauschein alles andere als ein Garant für eine funktionierende Beziehung ist. Vielleicht graut ihm einfach vor dem großem Tamtam mit Standesamt, Kirche und Party? Die Palette der möglichen Gründe ist lang. 

 

Bauen Sie im Gespräch keinen Druck auf, sondern sprechen Sie von sich. Sagen Sie ihm, dass Sie mehrfach versucht haben, die Sache mit der Heirat anzusprechen, aber es Ihnen so vorkomme, als weiche er dem Thema immer wieder aus. Lassen Sie Ihren Partner wissen, dass sein Verhalten Sie irritiert und welche Fantasien es bei Ihnen weckt. Erklären Sie ihm, dass es Ihnen helfen würde, die Gründe für sein Zögern zu kennen. Im Idealfall helfen Ihnen seine Antworten, gemeinsam einen Weg zu finden, mit dem Sie beide gut leben können. Sollte die Unterhaltung in eine Richtung gehen, die Sie überfordert, können Sie sich auch gern an eine Beraterin oder einen Berater im SOS-Familienzentrum Berlin wenden.