Draußenstadt auf dem Alice-Salomon-Platz

Künstlerinnen und Künstler präsentieren sich wieder der Öffentlichkeit

Draußenstadt auf dem Alice-Salomon-Platz

Trifft man derzeit fast täglich in Helle Mitte an: die Künstlerin Paulette Penje.
Trifft man derzeit fast täglich in Helle Mitte an: die Künstlerin Paulette Penje.

Während des Sommers tut sich Ungewöhnliches in Helle Mitte. Eine Künstlerin umrundet fast täglich den Alice-Salomon-Platz. Ein Kollege stellt vor dem Rathaus einen Wohnungsflur aus Holz auf und eine andere Kreative bereitet eine Ausstellung über das Ortsteilzentrum vor. Marzahn-Hellersdorf beteiligt sich damit an der Senatsinitiative „Draußenstadt“, bei der Bezirke nach der langen Corona-Durststrecke Flächen für Kunst und Kultur im Freien zur Verfügung stellen.

Mit „Draußenstadt“ können sich Künstler und ihre Arbeiten wieder der Öffentlichkeit präsentieren und in das Stadtleben eingreifen. Im Falle des Alice-Salomon-Platzes gewinnt dieser Name noch eine weitere Bedeutung. Die Helle Mitte ist zwar mit dem Rathaus das administrative Zentrum des Bezirks, von einem stets pulsierenden Leben kann aber kaum die Rede sein. Es gibt im Bezirk eine Reihe von Kunstorten. Doch hier sucht man vergeblich danach. Mit „Draußenstadt“ macht sich Berliner Kunst auch an der Peripherie der Hauptstadt bemerkbar. 

 

Die Akteure können dabei auch dezent vorgehen. Das ist bei der Performance von Paulette Penje der Fall. Die Künstlerin schreitet seit 21. Juni und noch bis 12. August fast täglich jeweils einmal den Alice-Salomon-Platz im Quadrat ab. Sie trägt dabei ein luftiges schwarzes, knöchellanges Kleid, dessen Schnitt an die Kleidung aus der Zeit der Namensgeberin des Platzes, Alice Salomon, erinnert. Penje will durch ihr Tun und die Kleidung auffallen, Fragen von und Gespräche mit Passanten sind möglich, aber nicht unbedingt eingeplant. 

„Die Menschen sind eher zurückhaltend“, erzählt die 33-jährige Berlinerin, die in Neukölln lebt, von ihren bisherigen Erfahrungen. Manchmal treffe sie auf fragende Augen, aber selten ergebe sich ein Gespräch mit Passanten. Der Zweck ihrer Performance sei schon erfüllt, wenn der eine oder die andere stutze. 

 

Wie für viele Künstler war die bisherige Corona-Zeit auch für Penje extrem schwierig. Neben dem Ausfall von Honoraren brachen der Performance-Künstlerin vor allem die Auftrittsmöglichkeiten weg. „Jetzt kann ich mich wieder zeigen und das tut mir gut“, erklärt sie. Impressionen von ihren Aktionen in Helle Mitte veröffentlicht sie bei Instagram unter dem Hashtag #alicesalomonplatz. 

 

Der Künstler Jens Reinert hat eine Rauminstallation geschaffen, die er vor dem Rathaus aufstellt. Bezugspunkt sind die Wohnungen im Umfeld, speziell deren Flure. Einen davon hat er aus Holz nachgebaut. Passanten können die begehbare Skulptur nach Belieben betreten und als spielerische Raumerfahrung durchqueren. „Sie können den Flur umrunden oder sich hinter den schmalen Wandflächen verstecken und überraschend wieder auftauchen. Sie können Mutmaßungen über den Sinn der vielen Türen treffen, sich die anschließenden Räume vorstellen oder Vergleiche zu ihrer eigenen Wohnsituation ziehen“, erläutert er. Darüber hinaus könne der Entwurf auch ganz allgemein zum Nachdenken über Wohnen und Wohnungsbau anregen. Der Flur aus Holz wird voraussichtlich bis Ende August stehen bleiben und auch nachts begehbar sein. 

 

Die dritte „Draußenstadt“-Teilnehmerin ist Philine Puffer. Sie bereitet eine Ausstellung zur Hellen Mitte vor, die das Ergebnis einer künstlerischen Recherche ist und in der zweiten Augusthälfte auf dem Alice-Salomon-Platz eröffnet wird.

Seit Juli hat sich Puffer dafür auf dem Platz umgetan, mit Passanten gesprochen, Zeitungsartikel, Dokumente zur Stadtentwicklung und Beiträge in sozialen Medien gesichtet. Kernpunkte der Ausstellung sollen die Widersprüche und Einheit der umliegenden DDR-Bauten mit den in den 1990er Jahren entstanden Häusern sein. 

 

Harald Ritter