Trauercafé als offene Selbsthilfe

Aktive Nachbarschaft im Kiez entlang der Mehrower Allee initiiert neue Angebote

Trauercafé als offene Selbsthilfe

Es gibt Themen, über die in unserer Gesellschaft zu wenig gesprochen wird. Tod und Sterben gehören fraglos zu diesen Tabus. Viele Menschen scheuen davor, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen, obwohl der Redebedarf hoch sein dürfte. 

Das Sterben gehört zum Leben dazu. Das Wissen darum nimmt aber den wenigsten die Angst davor.  Gerade jetzt, in der Corona-Krise, wo sich einige nicht einmal von ihren Liebsten verabschieden konnten, erhält der Umgang mit dem Tod noch einmal eine ganz andere Dimension. In vielen Fällen täte psychologische Trauerbegleitung Not, aber die Hemmschwelle, diese in Anspruch zu nehmen ist hoch und der Weg zu entsprechenden Angeboten nicht ganz einfach zu finden. Vor diesem Hintergrund war Swantje Ritter sofort begeistert, als ihr eine Ehrenamtliche vorschlug, ein regelmäßiges Trauercafé als Hilfe zur Selbsthilfe ins Leben zu rufen.

 

Swantje Ritter ist Koordinatorin im Nachbarschaftszentrum des DRK-Kreisverbands Berlin-Nordost e.V. am Standort in der Sella-Hasse-Straße. Seit Herbst 2016 hat sie, angeregt durch das hier bis vor kurzem aktive Quartiersmanagement, eine Vielzahl von Angeboten für Anwohnerinnen und Anwohner aufgebaut. Sie spricht von einer aktiven und engagierten Nachbarschaft, die gern ins Nachbarschaftshaus kommt und es aktiv nutzt, auch wenn dafür oft erst ein wenig Überzeugungsarbeit nötig ist. Unterstützung erfährt Swantje Ritter von vielen Ehrenamtlichen aus dem Quartier, die ihre Hobbys ausleben und Erfahrungen einbringen wollen. Auch hier engagiert sich die Koordinatorin mit viel Leidenschaft, vermittelt proaktiv Kontakte und stellt Räumlichkeiten zur Verfügung. So sind über die Jahre vielfältige Sportgruppen, regelmäßige Treffen und Veranstaltungen entstanden.

 

Seminar „Sterben in unserer Gesellschaft“

Auch das Thema „Sterben in unserer Gesellschaft“ wurde im Nachbarschaftshaus des DRK schon professionell aufgearbeitet. Im Juni 2020 war die Dozentin Roswitha Sterr zu einem gleichnamigen Seminar vor Ort. Die examinierte Krankenschwester begleitet Sterbende und ihre Familien und berät Angehörige und Pflegende zu ethischen Fragestellungen. Im Kurs wurde unter anderem über Patientenverfügungen, den Sterbeprozess als solchen und über das Abschiednehmen und Trauern gesprochen. Die Nachfrage war groß. So groß, dass das Seminar sogar zweimal abgehalten werden konnte. Redebedarf scheint es also im Quartier zu geben, weshalb für 2022 nun auch eine Neuauflage der Veranstaltung in Planung ist – begleitend zu dem neuerdings bestehenden Trauercafé. 

 

Tilmann Pfeiffer von der gemeinnützigen Gesellschaft Wuhletal-Psychosoziales Zentrum begrüßt das Trauercafé als wertvolles Angebot der Selbsthilfe. Es handle sich um einen „offenen, unbürokratischen Ort, wo trauernde Menschen gemeinsam über ihre Verluste sprechen können, sich austauschen und gegenseitiges Verständnis erfahren.“ Psychologen oder anderweitig zum Thema geschultes Personal sind indes nicht vor Ort.

Das Trauercafé findet jeden Dienstag um 18.30 Uhr im DRK-Familiencafé in der Sella-Hasse-Straße 19/21, 12687 Berlin statt. Anmeldungen sind unter T. 0176.436 51 18 64 möglich oder per E-Mail: nbz@drk-berlin-nordost.de. Man kann aber auch spontan auf einen Kaffee oder Tee vorbeischauen.

 

Sandra Völker