Ungeklärte Verhütungsfrage belastet die Beziehung

Aus unserer Rubrik Ich hab da mal 'ne Frage

Ungeklärte Verhütungsfrage belastet die Beziehung

Paare, deren Familienplanung abgeschlossen ist, müssen sich erneut mit der Frage der Verhütung befassen. Mitunter kann sich das zum kniffligen Thema entwickeln – wie im Fall unserer Leserin:

Ich bin glücklich verheiratet und habe mit meinem Partner zwei Kinder. Käme ein drittes Geschwisterchen, wäre der Altersunterschied unserer Meinung nach zu groß. Unser Leben ist auf vier Personen ausgerichtet. Im Sommer kündigte sich dann doch ein Kind an. Wir haben lange überlegt, ob wir es bekommen möchten. Nach gründlicher Überlegung entschieden wir uns gemeinsam gegen das Kind. Mit dem Schwangerschaftsabbruch stellte sich die Frage: Wie weiter verhüten? Die hormonelle Verhütung oder Spirale ist für mich keine Option. Kondome & Co. sind auch nicht die erste Wahl. Mein Frauenarzt brachte nun zum Thema, dass die Vasektomie auch eine Möglichkeit sei. Ich suchte das Gespräch mit meinem Partner und bat ihn, sich zu dem Thema beraten zu lassen. Leider lehnt er dies ab und lässt mich im Unklaren. Das Ganze wirkt sich mittlerweile auch auf unser Liebesleben aus, da ich nicht noch einmal ein Kind abtreiben möchte. Ich kenne alle Optionen, auch die der Sterilisation bei der Frau. Es stellt sich in mir eine gewisse Wut ein, die ich sehr bedauere. Leistung – ob physisch oder psychisch – habe ich schließlich in der Beziehung auch gezeigt. Wie komme ich mit meinem Partner über das Thema Vasektomie wieder ins Gespräch?

 

Das sagt der Experte:

Ganz klar: Sie beide müssen reden. Aber vielleicht finden Sie eher einen Zugang zu Ihrem Mann, wenn Sie nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Statt also das für ihn offenbar sehr heikle Thema Vasektomie als Aufhänger für ein Gespräch zu nehmen, könnten Sie beide zunächst ganz allgemein über Verhütung sprechen und sich den besonders kniffligen Fragen langsam annähern. Bevor Sie das tun, schadet auch ein bisschen „Gesprächsvorbereitung“ nicht. Ich empfehle immer, sich nicht nur der eigenen Position bewusst zu werden, sondern auch zu überlegen, was im Kopf des anderen vor sich gehen könnte. Blockt er möglicherweise ab, weil er sich unter Druck gesetzt fühlt? Oder ist für ihn die Familienplanung doch noch nicht abgeschlossen und eine Vasektomie ein zu endgültiger Schritt? Gut möglich, dass er Bedenken hat, der Kinderwunsch könnte in einer späteren Phase seines Lebens erneut aufkommen.

Außerdem würde mich interessieren, wie Sie beide bisher verhütet haben. Sie haben geschrieben, welche Methoden für Sie eher nicht (mehr) infrage kommen. Sieht er das auch so? Hat er sich überhaupt schon zu seiner Vorstellung von Verhütung geäußert oder überlässt er das komplett Ihnen?


MATTHIAS MÜLLER-GUTH

ist Psychologe am SOS-Familienzentrum Berlin. In der „Hellersdorfer“ beantwortet er Fragen von Leserinnen und Lesern zu den Themen Paarbeziehungen, Familienleben und Kindererziehung. Brauchen auch Sie einen guten Rat? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail (redaktion@die-hellersdorfer.de) oder einen Brief  („Die Hellersdorfer“, Döbelner Straße 4B, 12627 Berlin).


Was helfen könnte, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen, sind unter Umständen Ihre Erfahrungen aus dem Sommer. Schließlich ist es Ihnen beiden da gelungen, gemeinsam die schwierige Entscheidung zu treffen, das dritte Kind nicht zu bekommen. Wie haben Sie damals die Situation gemeistert? Wie sind Sie im Austausch geblieben? Kann man da eventuell ansetzen?

 

Wenn Sie es geschafft haben, sich zusammenzusetzen, gibt es ein ganz wichtiges Werkzeug für erfolgreiche Kommunikation: die Ich-Botschaft. Machen Sie ihm keine Vorhaltungen, sondern erzählen Sie, wie Sie sich fühlen. Sie haben erwähnt, dass sich die ungeklärte Verhütungsfrage auf Ihr Liebesleben auswirkt. Bei ihm könnte der Eindruck entstanden sein, als würden Sie ihm die Pistole auf die Brust setzen – im Sinne von: Ok, wenn du jetzt nicht machst, was ich von dir erwarte, dann gehe ich nicht mehr mit dir ins Bett. Machen Sie Ihrem Partner deutlich, dass es darum nicht geht, sondern Sie einfach in der Klemme stecken. Erzählen Sie ihm, wie sehr die Situation sie belastet, weil Sie eine ungewollte Schwangerschaft nicht noch einmal durchmachen wollen.

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und hoffe, dass Sie beide eine zufriedenstellende Lösung finden. Sollten Sie das Gefühl haben, nicht weiterzukommen, können Sie sich – alleine oder als Paar – gern auch vertrauensvoll an unsere Beratungsstelle wenden.