Über 75 Jahre "wie Latsch und Bommel"

Edith und Paul Pätzel haben am 7. Dezember Kronjuwelenhochzeit gefeiert

Über 75 Jahre "wie Latsch und Bommel"

Im Alter von 17 und 19 Jahren haben Edith und Paul am 7. Dezember 1946 geheiratet. Eine aus heutiger Sicht kurzentschlossene Hochzeit, denn das Paar hatte sich erst nach Kriegsende kennengelernt. Äußere Zwänge gab es keine, wie Edith betont.  Es war eine Liebeshochzeit, der eine lange Ehe folgen sollte. Nun haben die Pätzels Kronjuwelenhochzeit gefeiert.

Edith und Paul Pätzel sind heute 92 und 94 Jahre alt. Seit 1999 leben sie in Marzahn-Hellersdorf – sind aus dem Prenzlauer Berg hierher „geflüchtet“, weil es Ihnen im Szene-Bezirk zu hektisch wurde. Ihre Wohnung verlassen die beiden nur noch ganz selten – erst recht seit Corona alle in Atem hält. Aber auch gesundheitlich haben beide schon ein ordentliches Päckchen zu tragen. Das Lesen machen die Augen nicht mehr mit und in der Wohnung geht es nur noch mit dem Rollator voran. Im Geist sind die beiden aber jung geblieben. Sie empfinden es als großes Glück, einander noch immer für den so wichtigen Austausch zu haben. „Wir hängen beide zusammen wie Latsch und Bommel“, sagt Edith.

 

Ihren 75. Hochzeitstag begehen die beiden ganz entspannt. Eine große Feier ist nicht geplant. Im Alter schätzt man die Ruhe, sagt Edith und Paul findet, dass sie alle Annehmlichkeiten des Lebens genossen hätten, als sie jünger waren. Das Ehepaar ist früher viel gereist – gern immer dorthin, wo es warm ist und die Sonne scheint. Am Liebsten und sehr oft flogen sie nach Gran Canaria. Auch das 50. und 60. Ehejubiläum wurde noch mit einer Seereise gefeiert. In diesem Jahr werden der Sohn und die Schwiegertochter erwartet – beide wertvolle und unverzichtbare Stützen für das hochbetagte Paar. Sie helfen im Haushalt und besorgen die Einkäufe. Dabei ist der Sohn immerhin auch schon 74 Jahre alt.

 

Zur Kronjuwelenhochzeit hatte sich auch das Bezirksamt angekündigt. Und so klingeln am 7. Dezember Marzahn-Hellersdorfs stellvertretende Bürgermeisterin und Bezirksstadträtin für Soziales, Nadja Zivkovic (CDU), sowie Frau Stache von der Sozialkommission – begleitet von Pressevertretern – an der Tür. Denn so ein seltenes Jubiläum macht Schlagzeilen. In den vergangenen drei Jahren wurde kein solches Ereignis im Bezirk bekannt. Ein wenig öfter durfte die Sozialkommission zur Eisernen Hochzeit (65. Ehejubiläum, 4x in 2021) und zur Gnadenhochzeit (70. Ehejubiläum, 2x in 2021) gratulieren. Den Pätzels werden ein Blumenstrauß sowie die Glückwunschschreiben des Bezirks und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller (SPD), überreicht.

 

Corona-bedingt erfolgt die Gratulationszeremonie zum Bedauern aller vor der Wohnungstür. Dennoch sind Edith und Paul fast eine Stunde lang mit der Stadträtin im Gespräch und geben Details ihres gemeinsamen Lebens preis.

Die Genauigkeit mit der vor allem Paul sich an Daten und Details der zurückliegenden Jahre erinnert, wird nicht nur von seiner Frau Edith bewundert. Auch Nadja Zivkovic zeigt sich beeindruckt. Egal, ob es um seine Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, seinen beruflichen Werdegang oder die diversen Automodelle geht, die das Paar besaß – Paul Pätzel hat alles in seinem Kopf abgespeichert. Er spricht von der Weimarer Republik, vom Interzonenpass, vom Kombinat für Luft und Kältetechnik und den Moskwitsch.

 

Über das große Interesse am gemeinsamen Kronjuwelenjubiläum staunt das Paar. Wie das Bezirks­amt überhaupt von dem bevorstehenden Ereignis erfahren habe, wollen sie wissen. Frau Stache bringt Licht ins Dunkel. Sie hatte Edith Pätzel zuletzt zu deren 92. Geburtstag im August besucht und die Information bei dieser Gelegenheit aufgeschnappt. 

Danach befragt, was denn das Geheimrezept für eine so lange Ehe sei, lacht Edith: „Man muss schon daran arbeiten.“ Und tolerant müsse man sein, auch mal zurückstecken können, ergänzt Paul. 

 

Sandra Völker