Zeitgeschichtliches Archiv vor dem Aus: Noch einmal in alten Zeitungen stöbern

Die einzigartige Sammlung öffnet am 5. und 6. März für die Öffentlichkeit

Zeitgeschichtliches Archiv vor dem Aus: Noch einmal in alten Zeitungen stöbern

Dr. Harald Wachowitz betreut das Archiv ehrenamtlich. © ZGA
Dr. Harald Wachowitz betreut das Archiv ehrenamtlich. © ZGA

In einer ausgedienten Industriehalle in Marzahn (Premnitzer Straße 12) bewahrt der Berlin-Brandenburger Bildungswerk e. V. mehrere bedeutende Presseartikelsammlungen und das historische Archiv des Tagesspiegels. Doch die Tage des Vereins sind gezählt und das Gebäude soll Ende 2022 abgerissen werden. Bislang hat sich keine Institution gefunden, die den Bestand übernehmen will. Am 5. und 6. März öffnet die einzigartige Sammlung für die interessierte Öffentlichkeit noch einmal ihre Türen.

Der bundesweite Tag der Archive steht in diesem Jahr unter dem Motto „Fakten, Geschichten, Kurioses“. An beiden Tagen können Besucherinnen und Besucher von 10 bis 15 Uhr vorbeikommen und im Zeitgeschichtlichen Archiv (ZGA) stöbern. Mehr als 29.000 Ordner und 5.100 Kartons mit Millionen von Zeitungsausschnitten hunderter verschiedener deutschsprachiger Printmedien sowohl aus der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR als auch aus den Westzonen und der BRD lagern in den 700 Quadratmeter großen Depot-Räumen an der Premnitzer Straße. „Es gibt keine andere Presseartikelsammlung, die in dieser Dichte und Breite von 1945/46 bis 1992 Zeitgeschichte bewahrt hat“, sagt der ehrenamtliche Leiter Dr. Harald Wachowitz in einem Videoclip anlässlich des Aktionstages. Auch 100.000 Pressefotografien und große Bestände des gedruckten Tagesspiegels seit der ersten Ausgabe vom 27. September 1945 beherbergt das Archiv.

 

Der Bestand umfasst unter anderem 29.000 Ordner mit thematisch sortierten Zeitungsartikeln aus der Nachkriegszeit.
Der Bestand umfasst unter anderem 29.000 Ordner mit thematisch sortierten Zeitungsartikeln aus der Nachkriegszeit.

 

Nun droht dieser Fundgrube für zeithistorische Recherchen die Vernichtung. Die Fabrikhalle soll Ende 2022 abgerissen werden und ein neuer Standort ist bislang nicht in Sicht. Auf dem Gelände entsteht ein Fundus der Opernstiftung Berlin. Hinzu kommt, dass auch das Berlin-Brandenburger Bildungswerk seine Arbeit niederlegt. „Die Bewahrung der Sammlung und die Aufarbeitung seiner Bestände waren dem Verein – als arbeitsmarktorientiertem Beschäftigungsträger – nur mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen möglich. Dieser Geschäftsgrundlage ist inzwischen die Basis entzogen worden“, heißt es auf der Internetseite des ZGA. Sollte sich niemand finden, der sich dieser bedeutenden Sammlung zur deutsch-deutschen Geschichte annimmt, landet das wohl größte deutsche Archiv der Presse des 20. Jahrhunderts in Altpapiercontainern. Die Uhr tickt.