Ein Ort zum Ankommen

Neue Geflüchtetenunterkunft bietet mehr Privatsphäre und Wohnkomfort

Ein Ort zum Ankommen

Holzbetten, einfache Schränke und eine Tischgruppe: Noch sehen die Wohnungen der jüngst eröffneten Geflüchtetenunterkunft in der Zossener Straße ziemlich schmucklos aus. Aber das wird sich schon bald ändern. Die ersten 90 Bewohner:innen richten sich nämlich gerade ein und weitere werden in den kommenden Tagen folgen. Insgesamt ist das Objekt für rund 200 Menschen ausgelegt. Bei einem Tag der offenen Tür konnten sich Nachbar:innen nun einen Eindruck von den Räumlichkeiten machen. 

Sie finde es ganz wunderbar, dass das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) dem Wunsch des Bezirks nachgekommen sei, am Standort „Integration im Kleinen“ zu denken, sagte Marzahn-Hellersdorfs Sozialstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) zum Auftakt des kleinen Willkommensfestes am Freitagnachmittag. „Wir müssen wegkommen von den Massenunterkünften“, forderte Zivkovic, die auch stellvertretende Bezirksbürgermeisterin ist. Ursprünglich sei im Quartier ein Heim für 500 Menschen geplant gewesen. Doch gerade die fehlenden Rückzugsräume derartiger Unterkünfte hemmen oft das Ankommen und erschweren die Integration.

 

Das nun entstandene sechsgeschossige Wohnhaus biete hingegen deutlich mehr Privatsphäre. Die Geflüchteten können hier in ihrer eigenen Küche kochen und müssen sich auch nicht mehr mit Fremden ein Bad teilen. „Ich war mal dabei, als eine afghanische Familie in einer anderen MUF ihr neues Zuhause beziehen durfte. Als die Mutter den Küchen- und Wohnbereich sah, hat sie vor Freude angefangen zu weinen“, berichtete der Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, Sebastian Langenbach, am Rande der Veranstaltung.

 

Jedes der 41 verschieden großen Apartments in der Zossener Straße ist vom LAF mit dem Nötigsten möbliert worden und wartet nun darauf, ganz individuell wohnlich gestaltet zu werden. Es gibt Fußbodenheizung und sogar Balkone – laut Langenbach ein absolutes Novum für Berliner Geflüchtenunterkünfte.

 

Im Erdgeschoss stehen den Bewohner:innen ein Gemeinschafts- und ein Waschmaschinenraum sowie die Beratungszimmer des Betreibers LfG-B zur Verfügung. Die landeseigene Gesellschaft betreibt in Berlin bereits über 20 Flüchtlingsunterbringungen. „Wir haben diese hier besonders gern übernommen, weil sie nicht so abgeschirmt ist wie viele andere Unterkünfte“, sagt Bärbel Behnke. Da auf einen Wachschutz und einen Zaun verzichtet werde, hoffe sie, dass hier richtige Nachbarschaft entstehen könne. Als eine Art kleiner Dorfplatz fungiert eine Freizeitfläche mit Spielgeräten und Sitzgelegenheiten, die allen Leuten im Kiez offensteht. 

 

Gebaut wurde die Unterkunft von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau als Bestandteil des neuen Quartiers „Stadtgut Hellersdorf“. Der Mietvertrag mit dem LAF läuft zunächst über zehn Jahre. Danach könnte der Wohnraum anderen Bevölkerungsgruppen wie Student:innen und einkommensschwachen Personen zur Verfügung gestellt werden. Auch eine Überführung in den regulären Wohnungsmarkt ist denkbar. 

 

Begegnungsort: Der kleine Quartiersplatz ist von Wohngebäuden und der Geflüchtenunterkunft umgeben. Er steht allen Anwohner:innen offen.
Begegnungsort: Der kleine Quartiersplatz ist von Wohngebäuden und der Geflüchtenunterkunft umgeben. Er steht allen Anwohner:innen offen.

Die neuen Bewohner:innen leben schon länger im Bezirk. Es sind vorwiegend Familien aus Afghanistan, Syrien, dem Irak, aus osteuropäischen Ländern wie Georgien und Moldau und afrikanischen Staaten wie Somalia und Eritrea. Sie haben zuvor in Gemeinschaftsunterkünften – unter anderem in der Maxie-Wander-Straße – gelebt und sind im Kiez schon gut integriert. „Die Kinder gehen hier zur Schule oder haben einen Kitaplatz“, erläuterte Wenke Christoph (Linke), Staatssekretärin für Integration und Soziales, bei ihrem Besuch in Hellersdorf. Daher werde durch den Betreiber der Unterkunft nur noch stundenweise aufsuchende Betreuung und Beratung angeboten. 

 

Der niedrige Betreuungsstandard vor Ort sei auch der Grund, warum man von der Überlegung wieder abgerückt sei, Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine in dem Gebäude unterzubringen. DieUkrainer:innen seien ganz neu in der Stadt, verfügten mehrheitlich über keine oder nur geringe Deutschkenntnisse und hätten einen sehr hohen Unterstützungsbedarf. „Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass hier perspektivisch auch Menschen aus der Ukraine einziehen, aber zunächst sind es Familien, die schon lange in Berlin leben und keine Betreuung im alltäglichen Leben brauchen, sondern einfach nur eine Wohnung“, so Wenke Christoph.