Politiker*innen wollen mit Bewohner*innen reden – die Resonanz könnte größer sein

Geht es hier vielleicht um die Wurst?

Politiker*innen wollen mit Bewohner*innen reden – die Resonanz könnte größer sein

Politik ist ein hartes Geschäft. Kritik seitens der Bürger*innen hagelt es viel. In den sozialen Netzwerken und an Stammtischen wird diskutiert und oft auch geschimpft, was das Zeug hält. Stellen sich die Menschen hinter den politischen Ämtern aber einmal bereit, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, fällt die Resonanz verhalten aus. 

Das Format „Politik is(s)t Wurst“ wurde im Bezirk bereits 2016 etabliert. Diesen Sommer fand es im Mai, Juni und August zum ersten Mal unabhängig von einem laufenden Wahlkampf statt, wie Julia Scharf bemerkt. Die Grünen-Politikerin begrüßt das ausdrücklich, denn es gehe nicht darum, auf Stimmenfang zu gehen und mit Programmen zu werben. Sie und die anderen Parteien-Vertreter*innen wollen einfach ansprechbar sein für die Bürger*innen in den Quartieren rund um den wechselnden Veranstaltungsort. Ganz ungezwungen kann bei einer Limo und einer Bockwurst (für die Vegetarier*innen und Veganer*innen gab es Maiskolben) über Themen des Alltags, Sorgen und Wünsche gesprochen werden – so die Idee. Tobias Glowatz von der Jungen Union findet das Konzept der Veranstaltung richtig gut, hätte sich aber mehr Gesprächspartner*innen gewünscht.

 

Tatsächlich bleiben am 30. August bei wolkenverhangenem Himmel und leichtem Nieselregen nur wenige Passant*innen auf dem Theaterplatz an der Louis-Lewin-Straße stehen, um sich an Bistrotischen in den Logofarben des Veranstalters Roter Baum e. V. auszutauschen. Wenig frequentiert ist auch das B.A.T.mobil (Beratungen, Angebote, Treff). Hier finden Kinder von diskutierfreudigen Eltern Beschäftigung. Nur vereinzelt kommen Menschen geplant zur Veranstaltung, um sich der Reihe nach mit allen anwesenden Parteienvertreter*innen zu unterhalten. 

 

Justyna Anna Grecko (FDP) spricht lange mit einem älteren Paar und teilt dessen Bedenken über die unzureichende medizinische Infrastruktur im Bezirk. Viele Ärzt*innen würden keine neuen Patient*innen mehr annehmen und neue Praxen eröffneten eher in anderen Bezirken. Die Liberale führt das unter anderem auf die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung zurück und hält hier Nachjustierungen für erforderlich. Andererseits schmälere aber auch das nach wie vor unvorteilhafte Image die Attraktivität des Bezirks bei angehenden Ärzt*innen, meint sie. Grecko ist selbst erst vor drei Jahren aus Hessen nach Berlin gezogen und konnte sich zunächst nur zögerlich für eine Wohnung in Marzahn-Hellersdorf begeistern. Weil ihr bereits in Berlin lebende Bekannte vom vermeintlichen Problembezirk abrieten, sagte sie sogar eine schon vereinbarte Wohnungsbesichtigung ab. Dann aber wollte sie sich doch eine eigene Meinung bilden und gab dem Bezirk als Wohnort eine Chance. 

 

Seit einiger Zeit engagiert sie sich in unserem Bezirk auch politisch. Im November 2021 wurde Justyna Anna Grecko für die FDP in die Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Dass es sich in Marzahn-Hellersdorf gut leben lässt, davon ist sie mittlerweile überzeugt. Die Pläne der SPD, die BUGA 2025 nach Marzahn-Hellersdorf zu holen, begrüßt sie ausdrücklich. Nachdem die IGA 2017 schon für einen guten Eindruck gesorgt habe, müsse man an vergleichbaren Projekten unbedingt dranbleiben, um das Bild vom Bezirk nachhaltig zu ändern, findet Grecko.

 

„Abgrillen“ im Oktober

Eigentlich sollte die Reihe „Politik is(s)t Wurst“ am 30. August für das Jahr 2022 beendet sein. Doch der wetterbedingt ausgefallene Juli-Termin wird am 18. Oktober von 16 bis 18 Uhr vor dem Kompass (Kummerower Ring 42) nachgeholt. Vielleicht gelingt es ja noch mal zum Abschluss, viele interessierte Bürger*innen für ein Gespräch zu gewinnen. Nicht ganz ernst wird auch über die Möglichkeit diskutiert, das Format aus Marketinggründen in „Politik trinkt Bier“ umzubenennen.

Einfach mal hingehen!

 

Sandra Völker