Familienfreunde entlasten Eltern im Alltag

Helfer, Zeitgeber, Begleiter, Vertraute, gute Seelen

Familienfreunde entlasten Eltern im Alltag

© studiomay, Adobe Stock
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Familien, die Unterstützung im Alltag brauchen, können diese bei einem Familienpaten finden. Das sind qualifizierte Ehrenamtliche, die sich eine sinnvolle Beschäftigung wünschen und ein Herz für Kinder haben. Weil die Nachfrage größer als das Angebot ist, suchen mehrere Patenschaftsprojekte in Marzahn-Hellersdorf nach Freiwilligen. Eines davon ist das Projekt „Familienfreunde“, das es seit 13 Jahren im SOS-Familienzentrum (Alte Hellersdorfer Straße 77) gibt.

„Unsere Ehrenamtlichen unterstützen Eltern in jeder Form des Familien-Seins. Das kann ganz frisch nach der Geburt eines Babys, in den besonders aufregenden ersten Lebensjahren, bei beruflicher Veränderung oder auch nach einer Trennung sein“, sagt Jeanette Sauer. Die Erzieherin hat die „Familienfreunde“ am SOS-Familienzentrum 2009 mit ins Leben gerufen. Seit ihre Kollegin Kerstin Gentsch vor zweieinhalb Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gegangen ist, hat sie die Projektkoordination wieder übernommen. Das Angebot ist stark nachgefragt. Aktuell stehen mehrere Familien für einen Familienfreund auf der Warteliste.

 

Eine riesige Hilfe

Oft seien es Haushalte mit mehreren Kindern oder alleinerziehende Eltern, die Entlastung brauchen, vor allem wenn kein Rückhalt durch Großeltern, Freunde oder Nachbarn vorhanden ist, berichtet Jeanette Sauer und betont, dass die Inanspruchnahme des Angebots keine Frage des sozialen Status sei.

 

Die Familienfreunde können auf ganz vielfältige Weise bei der Kinderbetreuung unterstützen: Beispielsweise holen sie die Kleinen von der Kita ab, gehen mit ihnen nachmittags auf den Spielplatz oder bringen sie abends ins Bett, wenn die Eltern mal länger arbeiten müssen. Sie wissen über Freizeit- und Beratungsangebote im Kiez Bescheid, können in Erziehungsfragen Ratschläge geben, haben ein offenes Ohr für Probleme und verschaffen Müttern und Vätern Zeit für Behördengänge, Arztbesuche, Einkäufe oder ermöglichen ihnen auch mal einfach nur „Me-Time“. In der Regel sind die Helfer ein- bis zweimal pro Woche für zwei bis drei Stunden im Einsatz. „Es geht ausdrücklich nicht um Familienerweiterung. Wir sind kein Oma-Opa-Service und ersetzen auch keine Dienstleister wie Babysitter“, stellt Jeanette Sauer klar. 

 

Die Chemie muss stimmen

Die Familienfreunde benötigen ein erweitertes Führungszeugnis und werden durch qualifiziertes Fachpersonal im SOS-Familienzentrum für ihre Aufgabe fit gemacht. Regelmäßig finden Austauschtreffen und themenbezogene Schulungen statt, die sich nach dem Bedarf der Ehrenamtlichen richten. Das Spektrum reicht von gesunder Ernährung, Mediennutzung und Konfliktbewältigung bis zu Erster Hilfe und Säuglingspflege.

 

Im Vorfeld der Vermittlung führt Jeanette Sauer mit den am Projekt Interessierten und den Eltern mehrere Gespräche, denn sie muss ein Gefühl dafür bekommen, ob die Chemie zwischen beiden Parteien stimmt. Wenn das der Fall ist, wird detailliert besprochen, wie die Unterstützung aussehen soll, und alles vertraglich festgehalten. „Nach vier Wochen melde ich mich das erste Mal und frage nach, wie es bislang gelaufen ist und ob es Anpassungswünsche gibt.“ Sind sechs Monate vergangen, nimmt sich Jeanette Sauer in der Regel komplett raus. Die Familien und ihre Paten treffen dann alle Verabredungen nur noch untereinander. Die Projektkoordinatorin bleibt aber für alle Beteiligten immer ansprechbar. Bei Meinungsverschiedenheiten, Missverständnissen oder wenn Absprachen nicht eingehalten werden, schlüpft sie in die Rolle der Vermittlerin. Einmal im Jahr wird ein großes Treffen mit allen Familien und Familienfreunden veranstaltet.

 

Familienfreund werden

Wer Familienfreund werden möchte, kann sich bei Jeanette Sauer im SOS-Familienzentrum melden (T. 56891041, E-Mail: jeanette.sauer@sos-kinderdorf.de). „Es gibt zwar keine Aufwandsentschädigung, aber die Freiwilligen bekommen ganz viel zurück“, weiß die Erzieherin. Meist interessieren sich Frauen für das Ehrenamt, deren Kinder schon aus dem Haus sind. Sie wissen selbst nur allzu gut , wie herausfordernd das Abenteuer Familie manchmal sein kann, und finden in dem freiwilligen Engagement das Gefühl, gebraucht zu werden. Die Unterstützung dauert so lange, wie alle damit glücklich sind. Nicht selten entstehen dabei echte Freundschaften.