Von wegen barrierefrei: Die Bahnhöfe der östlichen U5 sind für Mobilitätseingeschränkte eine Zumutung

Ortstermin mit der Senior:innenvertretung am Elsterwerdaer Platz

Von wegen barrierefrei: Die Bahnhöfe der östlichen U5 sind für Mobilitätseingeschränkte eine Zumutung

Juliane Witt (Linke) ringt kurz nach Luft. „Versuch gelungen. Vielleicht ist man mit drei Wochen Übung ein bisschen trainierter, aber man kommt ganz schön außer Atem“, sagt die Bezirksstadträtin. Gemeinsam mit ihrem Parteikollegen Kristian Ronneburg hat sich Witt am U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz von Mitgliedern der Senior:innenvertretung beim Ortstermin an einem Freitagnachmittag zeigen lassen, wie schwierig es für Menschen ist, die nicht gut zu Fuß sind, über die ewig lange Rampe zum Bahnsteig und wieder hinab zu gelangen. Einen Aufzug gibt es nicht. Das gilt für alle U5-Bahnhöfe in Marzahn-Hellersdorf ab Biesdorf-Süd, abgesehen vom Bahnhof Kienberg, der im Vorfeld der IGA modernisiert wurde. 

„Überall werden Aufzüge installiert, nur bei uns nicht, weil sich offensichtlich bei den Entscheidungsträgern die Annahme festgesetzt hat, dass die Rampen barrierefrei sind. Das sind sie aber nicht“, schimpft Petra Ritter. Die Vorsitzende der Senior:innenvertretung weiß, wovon sie spricht. 20 Jahre lang hat sie ihren Lebensgefährten im Rollstuhl geschoben. Besonders gefährlich, bemerkt sie, sei es wegen des starken Gefälles „bergab“. „Da muss ich mich mit ganzem Gewicht ranhängen, damit der Rollstuhl nicht außer Kontrolle gerät.“ Wer keine Begleitung habe und allein runterfahren müsse, bekomme die Handbremse manchmal gar nicht so schnell gegriffen, so Ritter. Auch Kristian Ronneburg, Vorsitzender des Mobilitätsausschusses im Abgeordnetenhaus, muss beim Runterschieben des bemannten Rollstuhls mehr Kraft aufwenden als gedacht. 

 

Die BVG hat sich vorgenommen, etwa 30 Berliner U-Bahnhöfe mit Aufzügen nachzurüsten. Die Stationen auf dem östlichen Abschnitt der U5 gehören nicht zum Programm, berichtet Ronneburg den Anwesenden. Marzahn-Hellersdorf sei mal wieder „am Ende der Fahnenstange“. Seit Jahren schon kritisieren er, der CDU-Abgeordnete Alexander J. Herrmann und andere Lokalpolitiker:innen, dass die oberirdischen Bahnhöfe entlang der U5 trotz fehlender Aufzüge von Senat und BVG als barrierefrei deklariert werden. Es gebe ja schließlich die Rampen, so die Argumentation. Dabei entspricht deren Neigung längst nicht mehr der DIN-Norm. 35 Millionen müsste das Land Berlin nach aktuellen Schätzungen in die Hand nehmen, um Aufzüge in den U5-Bahnhöfen auf Marzahn-Hellersdorfer Gebiet zu installieren. Das sei eine Stange Geld, aber auch eine zwingend notwendige Investition, finden die Senior:innen. Es gehe schließlich um Teilhabe für mobilitätseingeschränkte Personen in einem älter werdenden Bezirk. „Berlins Anspruch ist es, Mobilität für alle zu ermöglichen – auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und für diejenigen, die mit Kinderwagen oder Kleinkindern unterwegs sind“ – so steht es auf der Internetseite der Senatsverkehrsverwaltung. An einem Konzept, wie das Recht auf Mobilität wirksam umgesetzt werden kann, wird gerade gearbeitet. 

 

Die Linken-Verordnete Regina Kittler schlägt vor, sich per Petition an das Land Berlin und die BVG mit der Forderung zu wenden, die Aufzugsnachrüstungen in Angriff zu nehmen. Gerade angesichts der langen Planungs- und Realisierungszeiten sei es wichtig, nicht erst bis nach 2030 zu warten, sondern jetzt „einen ersten Fuß in die Tür zu bekommen“ und mindestens mit einem Bahnhof wie dem Elsterwerdaer Platz zu starten, meint Kristian Ronneburg. Als Alternative zum Aufzug schlägt Rentnerin Monika Priegnitz Rollbänder vor, wie man sie unter anderem aus dem Kaufpark Eiche kennt. Vielleicht seien die Personenförderbänder kostengünstiger und schneller zu realisieren. In jedem Fall wären sie auch befahrbar, wenn die Technik mal streikt.