Was war und was wird, Herr Dr. Kühne?

Aus- und Rückblick mit dem Bezirksstadtrat

Was war und was wird, Herr Dr. Kühne?

Torsten Kühne (links) bei der Baustellenbesichtigung am Naumburger Ring
Torsten Kühne (links) bei der Baustellenbesichtigung am Naumburger Ring

Die fünf Mitglieder der „Bezirksregierung“ blicken auf 2022 zurück und verraten, was sie in diesem Jahr so alles angehen wollen. Hier das Interview mit Dr. Torsten Kühne (CDU), Bezirksstadtrat für Schule, Sport, Weiterbildung, Kultur und Facility Management.

■ Herr Dr. Kühne, 2022 ist Geschichte. Wie behalten Sie das Jahr in Erinnerung?

Auf jeden Fall als ein sehr herausforderndes. Es war schon klar, dass uns die Pandemie noch eine Weile begleiten wird, aber ich hatte doch gehofft, wir könnten uns wieder mehr auf den „normalen Berliner Verwaltungswahnsinn“ konzentrieren. Das Gegenteil ist eingetreten. Durch den Ukraine-Krieg sind weitere Krisen hinzugekommen, die neben den alltäglichen Aufgaben gemanagt werden mussten. Im Frühjahr und jetzt im Winter hat uns zum Beispiel die Unterbringung von Geflüchteten schwer beschäftigt, während es im Sommer die großen Befürchtungen gab, es könne in der kalten Jahreszeit zu Engpässen in der Gasversorgung kommen. Daraufhin mussten wir zusätzliche Energiesparmaßnahmen in den bezirkseigenen Immobilien ergreifen. Auch der Katastrophenschutz war und ist ein Thema.

 

■ Das heißt, die Verwaltung geht komplett auf dem Zahnfleisch?

Die Überlastung ist jedenfalls deutlich spürbar. Ich sehe das gerade auch bei Leistungsträgern, auf die immer Verlass war: Die kommen allmählich an ihre Grenzen. Bleibt also zu hoffen, dass in 2023 ein paar Krisen aufhören, obwohl ich mir da keine allzu großen Illusionen mache. 

 

■  Konnten Sie vor lauter Krisenbewältigung denn neue Projekte voranbringen?

Ich bin selbst etwas überrascht, wie viel dann doch passiert ist – insbesondere bei der Schulbauoffensive. Natürlich würde ich mir vieles besser, schneller und weniger nervenaufreibend wünschen, aber es sind etliche Projekte in der Umsetzung. Leider bauen wir derzeit noch dem Bedarf hinterher. Manche Entwicklungen waren erwartbar, andere konnte niemand kommen sehen: die Ankunft der vielen ukrainischen Kinder im schulpflichtigen Alter zum Beispiel oder die Lieferengpässe und die extremen Baupreis- und Energiekostensteigerungen. Ich rechne damit, dass uns noch zwei, drei harte Schuljahre bevorstehen. Ab 2025/26 aber wird es spürbare Entlastung für einige stark überbelegte Schulen in besonders dynamisch wachsenden Bezirksregionen geben.

 

■ Was stimmt Sie da so zuversichtlich?

Ich kann nur empfehlen, gelegentlich am Naumburger Ring vorbeizufahren. Der Baufortschritt ist schon beeindruckend. Es sieht ganz danach aus, als sei der Fertigstellungstermin Ende 2023 zu halten. Die Schulgemeinschaft existiert ja bereits: Sechs Klassen der Jahrgangsstufen eins bis drei werden derzeit in den neu aufgestellten temporären Unterrichtsräumen an der Louis-Lewin-Straße beschult. Sie alle können es kaum erwarten, ins neue Hauptgebäude zu ziehen. Ein Jahr später soll an der Elsenstraße die nächste Grundschule fertig werden. Beide Häuser gehören zur Tranche der vierzügigen modularen Compartment-Schulen, die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in Amtshilfe für die Bezirke realisiert werden. Zudem zieht die landeseigene Howoge ab diesem Quartal ein Gymnasium an der Erich-Kästner-Straße hoch. Es soll 2025/26 ans Netz gehen. Auch für die geplanten Holz-Compartment-Schulen in der Haltoner Straße, der Bruno-Baum-Straße und an der Landsberger Straße konnten wir im letzten Jahr alle finanziellen Fragen abschließend klären. Wenn davon ein, zwei Standorte ebenfalls planmäßig 2025/26 errichtet sein sollten, haben wir einen ganz großen Schritt nach vorn gemacht.

 

■  Heißt es für die Kinder in den Schulen, sie müssen bis dahin noch enger zusammenzurücken?

Das ist für alle keine leichte Angelegenheit. Die für die Schulplatzverteilung zuständigen Kolleginnen und Kollegen müssen bei den Schulleitungen betteln und die wiederum sind gefordert, trotz der akuten Raumnot noch zusätzliche Klassen aufzumachen, im laufenden Schuljahr hinzugezogene Kinder aufzunehmen oder neue Willkommensklassen einzurichten. Umso wichtiger ist es, ihnen jetzt eine Perspektive aufzeigen zu können: Im Bezirk entstehen zwölf neue Schulen, 13 neue Ergänzungsbauten und acht Typensporthallen. Es gibt also Licht am Ende des Tunnels. Aber ein paar Jahre müssen wir noch überbrücken. Deshalb schaffen wir auch weitere temporäre Schulplätze. Das achte deratige Projekt ist gerade an der Mozart-Gemeinschaftsschule in der Umsetzung und spätestens im Frühjahr nutzbar.

 

■  Auch an der Hermsdorfer Straße rollen seit Jahresbeginn die Bagger. Was passiert da?

Dort entsteht einer der erwähnten 13 Modularen Ergänzungsbauten (MEB). Der Holzmodulbau mit 16 Unterrichts-, acht Teilungsräumen und einer Mensa soll ab der zweiten Hälfte des Schuljahres 2023/24 dann Druck von der Grundschule am Schleipfuhl (Nossener Straße 85) nehmen. Ich hatte übrigens letztes Jahr Gelegenheit, mir im Werk in Köpenick anzuschauen, wie die neue Generation von Holz-MEBs entsteht. Die Module werden wetterunabhängig in einer großen Halle produziert. Dort sind zu DDR-Zeiten auch schon Elemente für die Plattenbauschulen entstanden. Inzwischen schafft die Firma zehn Module pro Tag. Alle Einzelteile, die für einen Holz-MEB benötigt werden, lassen sich innerhalb von acht Werktagen auf der Baustelle zusammensetzen. Vorher muss zwar noch die Bodenplatte gegossen werden und auch der Innenausbau braucht seine Zeit, aber in der Regel kann das Schulgebäude sechs Monate nach der Übergabe des baureifen Grundstücks eingeweiht werden. Das ist ziemlich beeindruckend.

 

■ An vielen Standorten wie in der Hermsdorfer Straße standen vor 20 Jahren noch Schulen, die der Abrissbirne zum Opfer fielen. Jetzt wird wieder gebaut. Bei vielen stößt das auf Unverständnis.

Kann ich gut nachvollziehen. Damals wurde zu kurzfristig gedacht. Hoffentlich werden diese Fehler nicht wieder gemacht, sollten die Schülerzahlen eines Tages zurückgehen. Mir jedenfalls fielen etliche Möglichkeiten für Zwischennutzungen ein: Die Volkshochschule und die Musikschule könnten Räume gebrauchen und auch Künstlerinnen und Künstler suchen händeringend nach bezahlbaren Ateliers. Problematisch wird es nur, wenn erst mal eine Baugenehmigung erloschen oder ein Gebäude völlig verkommen ist, dann ist neu bauen wirtschaftlicher als sanieren,

 

  Apropos: Wie kommen Sie mit dem Abbau des Sanierungsstaus in den Bestandsschulen voran?

Die Sanierung des Hauptgebäudes der Grundschule am Schleipfuhl können wir dieses Jahr abschließen. Das Haupthaus der Franz-Carl-Achard-Grundschule wird ab diesem Sommer von Grund auf saniert und ausgebaut und sobald die nun finanziell gesicherte Drehscheibenschule in der Sebnitzer Straße als Ausweichquartier errichtet ist, wird es an der Peter-Pan-Grundschule losgehen. Ich denke, das kann noch gut zwei Jahre dauern. Nicht zu vergessen die Grundschule an der Mühle: Alle grauen Haare, die ich habe, kann ich konkreten Berliner Bauprojekten zuordnen. Und dieses hat mir besonders viele beschert. Die hart erkämpften Schulpavillons sind jetzt endlich in der Nutzung und auch für den MEB ist der Weg frei. Letztes Jahr drohte die lange vorbereitete und dringend notwendige Sanierung wegen Sparzwängen aus der Investitionsplanung des Landes Berlin zu fliegen. In einem Spitzengespräch mit dem Bürgermeister und der Staatssekretärin für Finanzen konnten wir eine Lösung finden. Das haben nicht alle Bezirke geschafft.

 

■  Was steht neben der Schulbauoffensive für 2023 noch auf Ihrer To-do-Liste?

Die Krisenbewältigungen, die energetische Sanierung unserer bezirkseigenen Immobilien und die Digitalisierung. Alle Bürodienstgebäude sollen Gigabit-fähig werden. Beim Digitalpakt Schulen sind wir berlinweit überraschend an der Spitze der Bewegung. Wir werden voraussichtlich zwei Standorte, das Tagore-Gymnasium und die Kiekemal-Grundschule, zeitnah komplett vernetzt haben. Das heißt: Gigabit-Anbindung von außen, Gigabit-fähige Verkabelung im Inneren und WLAN. Ich hoffe, es gelingt uns auch dank einiger Sondertöpfe und Programme wie der Initiative „Draußenstadt“ und dem „Kultursommer“, unsere kulturelle Szene nach drei Jahren Corona wieder zu stärken. Ein weiteres Thema ist die Sportentwicklungsplanung. Ende letzten Jahres konnten wir die Ausschreibung erfolgreich abschließen.

 

  Wie geht es damit weiter?

Im ersten Schritt wird eine Bestandsanalyse gemacht. Unser Partner, das INSPO von der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam, hat auch schon den letzten Sportentwicklungsplan wissenschaftlich begleitet. Die kennen den Bezirk also gut und müssen nicht bei null anfangen. Wir wollen nicht nur die klassischen Sportanlagen in den Blick nehmen, sondern auch den öffentlichen Raum ertüchtigen, um den unorganisierten Sport zu stärken. Teil des Projekts wird außerdem die eine oder andere kleine Studie zur besseren Ausnutzung bestimmter Sportflächen sein. Es wäre schön, wenn es nicht nur bei Konzepten bliebe, sondern wenigstens eine Sportanlage auch „angefasst“ werden könnte. Dafür brauchen wir aber Geld und Unterstützung vom Land Berlin. Das haben die Sportstadträtinnen und -stadträte der Bezirke bereits an die Senatsverwaltung adressiert. 

 

Am 12. Februar ist Wahlsonntag. Welche Ambitionen haben Sie? 

Ich habe in etliche Projekte viel Herzblut gesteckt. Es ist auf jeden Fall meine Motivation, diese hier weiter voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Aber in der Politik, das habe ich früh begriffen, ist nichts fix. Da muss man flexibel sein. Augen auf bei der Berufswahl, sage ich nur.

 


12 neue Schulen:

  • Naumburger Ring (Grundschule)
  • Elsenstraße (Grundschule)
  • Erich-Kästner-Straße (Gymnasium)
  • Bruno-Baum-Straße (Grundschule)
  • Haltoner Straße (Grundschule)
  • Landsberger Straße (Gemeinschaftsschule)
  • Garzauer Straße (ISS)
  • Glambecker Ring (Förderzentrum Geistige Entwicklung)
  • Otto-Rosenberg-Platz (Grundschule, ggf. Gemeinschaftsschule)
  • Maxie-Wander-Straße (Grundschule)
  • Auerbacher Ring (ISS)
  • Sebnitzer Straße (Drehscheibe)

 

13 Modulare Ergänzungsbauten (MEB):

  • Eilenburger Straße (Schule am Mummelsoll)
  • Parsteiner Ring (Wilhelm-Busch-Grundschule)
  • Luckenwalder Straße (Ernst-Haeckel-Schule)
  • Hermsdorfer Straße (Grundschule am Schleipfuhl)
  • Kienbergstraße (Grundschule an der Mühle)
  • Amanlisweg (Grundschule an der Geißenweide)
  • Alte Hellersdorfer Straße (Capar-David-Friedrich-Oberschule)
  • Ludwigsfelder Straße (Beatrix-Potter-Grundschule)
  • Landsberger Allee (Tagore-Gymnasium)
  • Marzahner Chaussee (MEB als eigenständige Schule)
  • Golliner Straße (Kerschensteiner-ISS)
  • Hohenwalder Straße (Johann-Julius-Hecker-Schule)
  • Klingenthaler Straße (1. BA Neue Grundschule Maxie-Wander-/Carola-Neher-Straße)

            

8 Typensporthallen:

  • Waplitzer Straße (Franz-Carl-Achard-Grundschule)
  • Bergedorfer Straße (Ulmen-Grundschule)
  • Waldbacher Weg (Otto-Nagel-Gymnasium)
  • Dessauer Straße (Falken-Grundschule)
  • Landsberger Allee (Tagore-Gymnasium)
  • Marzahner Chaussee (Grundschule Marzahner Chaussee)
  • Jänschwalder Straße (Melanchton-Gymnasium)
  • Parsteiner Ring (Wilhelm-Busch-Grundschule)