Berlin-Wahl in Marzahn-Hellersdorf: CDU siegt auf ganzer Linie

Die wichtigsten Zahlen für den Bezirk

Berlin-Wahl in Marzahn-Hellersdorf: CDU siegt auf ganzer Linie

Marzahn-Hellersdorf hat gewählt und herausgekommen ist ein historisch gutes Ergebnis für die CDU. Doch nicht nur die Union legte bei dieser Protestwahl deutlich zu. Im Bezirk, der einst als rote Hochburg galt, wurde die rechtspopulistische AfD zweitstärkste Kraft. Selbst das Rennen um die Direktmandate machten Schwarz und Blau komplett unter sich aus. Die CDU hat indes Gespräche mit allen Parteien außer der AfD angekündigt. Es gibt viel zu bereden. Besonders knifflig dürfte die Besetzung des Bezirksamts werden.

Über 85.000 Menschen im Bezirk sind nicht wählen gegangen

Der Spruch „Wer nicht wählt, darf auch nicht meckern“ wird oft bemüht, um Menschen zu motivieren, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. In Marzahn-Hellersdorf hat das nicht gezogen. Die Beteiligung ist gegenüber der annullierten Wahl bezirksweit um knapp 13 Prozent auf 56,3 Prozent (Berlin: 63 %) gesunken. Sie fiel auch 4,6 Prozent geringer aus als 2016. Insgesamt blieben 85.000 Wahlberechtigte zu Hause. Den berlinweiten Negativrekord hält der Marzahner Norden mit einer Wahlbeteiligung von gerade einmal 44,6 Prozent. In den Mahlsdorfer und Kaulsdorfer Wahllokalen war deutlich mehr los. Hier gaben immerhin 76,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen ab.  

 

Erststimmen: 

Mit einer Ausnahme konnten alle vor anderthalb Jahren direkt gewählten Abgeordneten in Marzahn-Hellersdorf ihre Mandate verteidigen. Nur Linken-Urgestein Dr. Manuela Schmidt musste sich im Wahlkreis 2 der relativ unbekannten Kandidatin von der CDU, Olga Gauks, geschlagen geben. Schmidt zieht aber über die Landesliste ins Abgeordnetenhaus ein. Das gilt auch für die unterlegenen Direktkandidat:innen Iris Spranger (SPD, WK 2), Jan Lehmann (SPD, WK 6), Stefan Ziller (Grüne, WK 5) und Kristian Ronneburg (Linke, WK 6).

 

Hier die Gewinner:

Zweitstimmen: CDU und AfD legen in allen Wahlkreisen zu, 

Grüne haben bei den Wähler:innen einen schweren Stand

In allen sechs Wahlkreisen vereinte die CDU die meisten Zweitstimmen auf sich und legte erheblich zu – am stärksten mit jeweils über 11 Prozentpunkten in Marzahn-Mitte, Mahlsdorf, Kaulsdorf und Hellersdorf-Süd. Die Zugewinne gingen allerdings nicht zu Lasten der Partei rechts von der Union, denn auch die AfD verzeichnete prozentual überall höheren Zuspruch als noch 2021. Federn lassen mussten die Parteien aus dem linken Spektrum, allen voran SPD und Linke, sowie die Mitte-Partei FDP.

 

Zweitstimmen-Entwicklung im Vergleich zu 2021

  •  + 10,4 Prozentpunkte: CDU
  •  +  3,0 Prozentpunkte: AfD
  •  –  0,2 Prozentpunkte: Tierschutzpartei
  •  –  1,2 Prozentpunkte: Grüne
  •  –  2,2 Prozentpunkte: FDP
  •  –  3,5 Prozentpunkte: Linke
  •  –  3,7 Prozentpunkte: SPD

Vergleicht man das Zweitstimmen-Ergebnis von Marzahn-Hellersdorf mit ganz Berlin, fällt neben dem starken Abschneiden der AfD im Bezirk auch die geringe Zustimmung für die Grünen auf. Während die Partei berlinweit auf 18,4 Prozent kommt, sind es in Marzahn-Hellersdorf nur 5,5 Prozent – so wenige wie in keinem anderen Bezirk. Selbst in Außenbezirken wie Lichtenberg, Reinickendorf, Spandau und Treptow-Köpenick konnten die Grünen zweistellig abschneiden. 

 

Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV)

Auch die BVV-Wahl hat die CDU mit 31,4 Prozent klar für sich entschieden. Entsprechend dem Landestrend konnte sie 10,7 Prozentpunkte gegenüber 2021 zulegen. Zweitstärkste Kraft ist die AfD geworden (19,6 %), gefolgt von SPD (17,1 %) und Linken (15,8 %). 

Die Grünen erreichen 5,5 Prozent. Die Tierschutzpartei kommt über die 3-Prozent-Hürde (4,4 %), an der die FDP scheitert. Ein linkes Bündnis hat damit im Bezirksparlament keine Mehrheit mehr. Nach der neuen Sitzverteilung, bei der die CDU 19 Verordnete, die AfD 12, die SPD 10, die Linke 9, die Grünen 3 und die Tierschutzpartei 2 Verordnete stellt, stünden der Union nach Proporz nunmehr drei Stadtratsposten zu. Die SPD dürfte nicht mehr zwei, sondern nur noch einen Bezirksstadtrat oder eine Bezirksstadträtin stellen und damit genauso viele wie AfD und Linke.

 

Doch jetzt wird es kompliziert: Denn eigentlich ist nicht vorgesehen, dass sich bis 2026 die Besetzung der „Bezirksregierung“ ändert. Nach dem Berliner Bezirksamtsmitgliedergesetz werden die Spitzen der Verwaltung für die gesamte Zeit einer Wahlperiode gewählt. Sie können nur durch Rücktritt oder Abwahl ihres Amtes enthoben werden. Für letzteres wäre eine Zweidrittelmehrheit in der BVV erforderlich. Eine einheitliche Verständigung darüber, wie die Bezirke mit den neuen Mehrheitsverhältnissen in den Lokalparlamenten umgehen, gibt es bislang noch nicht. 

 

Trotz des deutlichen Wahlsieges ist also gar nicht ganz klar, ob, wann und wie Sozialstadträtin Nadja Zivkovic als CDU-Spitzenkandidatin Amtsinhaber Gordon Lemm von der SPD ablöst und neue Bürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf wird. Für Alexander J. Herrmann (CDU), der im Wahlkreis 6 sein Direktmandat verteidigt hat, spricht das Ergebnis eine deutliche Sprache. Er sagt: „Wir werden jetzt mit den anderen Parteien in Gespräche gehen. Es muss Wege geben, wie man zueinander findet.“ Herrmann hofft auf die Einsicht von Linken und SPD im Bezirk, dass es eine Änderung brauche – und er ist dahingehend auch zuversichtlich. Der CDU-Kreisvorsitzende Mario Czaja schrieb in den sozialen Medien: „Aus dem starken Rückenwind vom 12.02. leiten wir für uns den Anspruch ab, im Bezirk Marzahn-Hellersdorf aktiv zu gestalten.“ Daher habe die Union inzwischen Gesprächseinladungen an SPD, Linke, Grüne und Tierschutzpartei verschickt, so Czaja.