Die Natur als Impulsgeberin

Von Permafrostböden bis Abraum: Marita Czepas Arbeiten haben eine Botschaft

Die Natur als Impulsgeberin

© André Osbahr
© André Osbahr

Die ausdrucksstarken Werke von Marita Czepa sind nicht einfach Malerei, die Schönes darstellen. Als Mensch und Künstlerin setzt sie sich kritisch mit den Themen der Zeit auseinander. Die massiven menschlichen Eingriffe in die Natur, die damit verbundenen Veränderungen und sogar die Zerstörung unserer Welt treiben sie um. Bevor heute noch Vorhandenes verloren geht, hält sie es mit ihrer Kunst fest. 

Die Bewahrung der Natur und damit auch der menschlichen Existenz liegen ihr am Herzen. Das spiegelt sich auch in Czepas Arbeiten wider. Dabei experimentiert sie mit unterschiedlichen Materialen und findet mit offenem Blick, der oftmals auf den Boden gerichtet ist, für ihre Serie „Archäologie der Zukunft“ weggeworfene oder verlorene Alltagsgegenstände wie Steine, Muscheln oder auch persönliche Dinge aus verschiedenen Zeiten. Mit Buntstiften zeichnet Marita Czepa die Fundstücke auf alte Karteikarten. Mehr als 700 hat sie bereits festgehalten. Abgeschlossen wird diese Serie wohl nie sein. Wenn wir heute Bohrkerne aus der Tiefe analysieren, erfahren wir viel über Erdschichten, Klima aber auch über vergangene Kulturen. Was werden wohl spätere Generationen bei Bodenproben aus unserer Zeit finden? Was sagt das über uns aus? Wie verändern wir Landschaft und Natur? Das alles sind Gedanken zu Vergangenheit und Zukunft, die der Künstlerin in den Sinn kommen.

 

Schon seit früher Jugend ist Marita Czepa künstlerisch tätig. Anfang der 1990er Jahre unternahm sie Malreisen nach Norwegen, Island, Grönland, Lettland, Belarus, Italien, Frankreich und durch ganz Deutschland und kam jedes Mal tief beeindruckt von der Schönheit der unberührten Natur zurück. Mit den Veränderungen, die durch zivilisatorische Eingriffe nun zunehmend ausgelöst werden, setzt sich Czepa künstlerisch auseinander. Ihre Bilder tragen Titel wie „Permafrost“, „Arktis“, „Kulturlandschaft“, „Eisland“, „Abraum“ oder „Stromland“.

 

„Wir leben auf Kosten kommender Generationen“, sagt sie. Mit ihren Werken will sie diesem Trend entgegenwirken. Und sie ist selbst aktiv. Seit Jahren kauft sie keine Mal- und Zeichenpapiere wie zum Beispiel Aquarellblöcke. Sie verwendet für ihre Arbeiten bereits ein- oder mehrmals benutzte Papiere, Pappen, alte Briefumschläge, Karteikarten, Zeitschriften, abgeweichte Plakate oder erdfarbenes Packpapier. Das ist nicht nur umweltfreundlich, sondern verleiht den Arbeiten einen besonderen Charakter. Die Farben leuchten nicht so wie auf strahlend weißem Untergrund, aber gerade das passt zu ihren Themen. Ausrangierte Hängeregistraturen dienen ihr als Bildträger der in Aquarelltechnik mit Tusche betitelten Bilder wie „Boden erkrankt“, „Bodenkammer“ oder „Bodenpfand“.

 Dass Lebensmittel bei uns in Plastik eingeschweißt verkauft werden, findet die Künstlerin geradezu absurd. In der Bilderreihe „Schön verpackt“ hat sie das thematisiert. Und sie fordert uns alle auf, bewusster einzukaufen. Doch nach wie vor ist die Natur ihr stärkster Impulsgeber.

 

Geboren wurde Marita Czepa 1956 in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Sie studierte in Wismar Informatik und arbeitete viele Jahre in diesem Beruf. Gemeinsam mit ihrem Mann und den beiden Kindern zog sie noch zu DDR-Zeiten nach Berlin. Seit 1983 lebt sie in Hellersdorf. Zur Wende 1989 ergaben sich auch für Marita Czepa Veränderungen. Bis 2012 war sie als Kulturmanagerin tätig. Mit 56 Jahren entschied sie sich schließlich für einen Neuanfang. Endlich wollte sie sich um ihre eigene künstlerische Entwicklung kümmern. Während des Studiums an der Akademie für Malerei Berlin von 2012 bis 2017 gelang es den Dozentinnen und Dozenten, ihre Fähigkeiten mehr ans Licht zu bringen. „Ohne das Studium und meine fantastischen Lehrer wäre ich immer Hobbykünstlerin geblieben“, sagt Czepa. 

 

Inzwischen wird sie von der Berliner Galerie ROOT vertreten, hat an zahlreichen Messen und Ausstellungen im In- und Ausland teilgenommen und ihre Vielseitigkeit in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert. Die Hellersdorferin engagiert sich im Künstlersonderbund und im Kunstverein Templin. Dort leitet sie Aquarellkurse für Kinder im Kunstferienlager. Außerdem ist sie als Dozentin tätig. Als Mitglied der FrauenKunstKarawane (FKK) beteiligt sich Marita Czepa in diesem Jahr vom 14. Juli bis 27. August an der Ausstellung in der Krankenhauskirche im Wuhlgarten sowie ab 1. Oktober 2023 in den Gärten der Welt. Auch bei „Kunst: offen“ am 11. Juni ist sie dabei – als Gast im Atel­ier Bachmann. Mehr Informationen unter: www.marita.czepa.net

 

Dagmar Steinborn