Havanna-Berlin: ungeschminkte Geschichten

Ausstellungstipp:

Havanna-Berlin: ungeschminkte Geschichten

Micro D Vitamin © Eileen F. Almarales Noy
Micro D Vitamin © Eileen F. Almarales Noy

„Havanna Berlin Stories“, die neue Ausstellung im Schloss Biesdorf erzählt von Menschen aus beiden Hauptstädten. Sie kann bis 11. Februar im Obergeschoss der spätklassizistischen Turmvilla an der B1 besucht werden.

Havanna und Ost-Berlin pflegten einst enge Beziehungen. Die DDR half beim Aufbau des Bildungssystems und von Fabrikanlagen. Das sozialistische Bruderland aus der Karibik lieferte wiederum Zucker, Südfrüchte und Nickel. Außerdem gingen Zehntausende Kubaner:innen zum Arbeiten und Studieren in die DDR. Später brachten sie Kühlschränke, Waschmaschinen, aber auch Fahrzeuge „made in GDR“ mit nach Hause. Simson-Mopeds und MZ-Motorräder sollen noch heute vielfach über kubanische Straßen knattern.

 

33 Jahre nach dem Ende der DDR ist das Verhältnis zwischen Berlin und Havanna deutlich kühler. Annäherung schafft die neue Ausstellung im Obergeschoss von Schloss Biesdorf. Darin werden Geschichten von Menschen erzählt, deren Biografien oft in beiden Städten verankert sind und die die extremen politischen Umwälzungen des 20. und 21. Jahrhunderts in verschiedenen Ausprägungen erlebt haben.

 

Zu sehen sind Videos, Installationen, Fotografien, Zeichnungen, aber auch multimediale Arbeiten, wie die von Thomas Bratzke. In „Mit uns zieht die fremde Zeit“ gibt der Berliner Einblicke in die jahrzehntelange Trennung und berührende Wiedervereinigung seiner deutsch-kubanischen Familie. Bratzke beschreibt die Ohnmacht seiner Eltern im Spannungsfeld der staatlichen Autoritäten Kubas und der DDR sowie seine Perspektive darauf. 

 

 

Espinosa © Thomas Bratzke
Espinosa © Thomas Bratzke

Die Fotos von Eileen F. Almarales Noy hingegen zeigen die extreme Diskrepanz zwischen dem verklärten Kuba-Bild von Tourist:innen und dem „echten“ Alltag der Einheimischen.

In „Brecht ist in Havanna“ wiederum verschwimmen Wirklichkeit und Fiktion. Felipe Dulzaides und Hans HS Winkler haben für das Projekt einen kubanischen Schauspieler als Bertolt Brechts Alter Ego durch Havanna ziehen lassen, um die dortigen Lebensrealitäten zu erkunden. Auf seiner Tour tritt er unter anderem zum Sparringskampf mit Ex-Juniorenweltmeister Radames Castillo an. In kaum einem anderen Land hat Boxen einen so großen Stellenwert. Auch Brecht, der an kubanischen Theatern nach wie vor häufig gespielt wird, war ein großer Fan dieser Sportart. Über die Stücke des deutschen Dramaturgen sagen Felipe Dulzaides und Hans HS Winkler, sie reflektierten die anstehenden  Probleme wohl nirgendwo so sehr wie in Kuba. 

 

Insgesamt haben neun verschiedene Künstler:innen an den „Havanna Berlin Stories“ mitgewirkt: Eileen Farida Almarales Noy, Thomas Bratzke, Felipe Dulzaides, Lisa Schmidt-Colinet, Alexander Schmoeger, Marlies Pahlenberg, Hans Hs Winkler, Andrea Zaumseil und  Florian Zeyfang.

 

Havanna Berlin Stories

Schloss Biesdorf

Alt-Biesdorf 55, 12683 Berlin

Öffnungszeiten:

Mo/Mi/Do/Sa/So: 10-18 Uhr | Fr: 12-21 Uhr

Eintritt frei