Nach verhängtem Baustopp im CleanTech Business Park: So will die WISTA das Vertrauen von Investoren zurückgewinnen

Nach verhängtem Baustopp im CleanTech Business Park: 

So will die WISTA das Vertrauen von Investoren zurückgewinnen

Die Wechselkröten-Frage im Marzahner CleanTech Business Park hat die Verwaltungsgerichte zuletzt schwer beschäftigt und spätestens seit dem verhängten Baustopp vor einigen Monaten für große Verunsicherung bei potenziellen Investoren gesorgt. Wie die WISTA Management GmbH als Betreiberin des fast noch vollständig unbebauten Industriegeländes mit dem Rückschlag umgeht und mit welcher Strategie das landeseigene Unternehmen nun die Standortentwicklung vorantreiben will, verraten Unternehmenssprecherin Cindy Böhme und Projektleiter Lukas Becker im Interview.

■ Herr Becker, können Sie das Wort Wechselkröte überhaupt noch hören?

Lukas Becker: Ich bevorzuge die lateinische Bezeichnung Bufotes viridis (lacht). Aber im Ernst: Die streng geschützte Wechselkröte steht ja nur stellvertretend für viele Arten. An ihr ist das Thema hochgekocht. Letztendlich geht es darum, Wirtschaftswachstum und Naturschutz in Einklang zu bringen. Das ist unser Anspruch als CleanTech Business Park, als Ort sauberer Technologien. 

 

■ Wurde in der Vergangenheit verpasst, angemessene Artenschutzmaßnahmen zu ergreifen?

Cindy Böhme: Es ist ja nicht so, dass es keine Ausgleichsflächen auf dem Gelände gäbe. Ein Drittel des Areals – knapp 30 Hektar – wurde für Amphibien, Vögel und andere Arten im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens als „naturnahe öffentliche Grünanlage“ zum Ausgleich festgelegt.

Lukas Becker: Allerdings sind die Bereiche über die Jahre nicht in dem Maße gepflegt worden, wie es erforderlich gewesen wäre. Also macht die Natur das, was sie am besten kann: Sie holt sich Gebiete zurück, verändert sich, passt sich an. Ein extra angelegter Teich beispielsweise wurde irgendwann für die Wechselkröte unattraktiv, darum ist sie weitergewandert und hat sich hier auf unseren Flächen niedergelassen.

 

■ Es heißt, auf dem rund einen Hektar großen Grundstück, um das es vor Gericht ging, sei noch nie eine Kröte gesehen worden.

Lukas Becker: Das stimmt zwar, aber wir wissen dass es Wechselkröten im CleanTech Business Park gibt. Sie wurden immer mal wieder gesichtet, insbesondere im Rahmen des festgelegten Monitorings. Die Tiere haben einen riesigen Bewegungsradius von mehreren Kilometern und bevorzugen als Habitate flache, temporäre Gewässer wie Tümpel und Pfützen sowie offene, steppenartige Gebiete. Daher gehen wir auch im Bereich des Grundstücks, das wir an das Berliner Unternehmen Aucoteam vermarktet haben, von ihrem Vorkommen aus. Diese Annahme war für uns ja auch der Anlass, einen Zaun aufzustellen, um zu verhindern, dass Kröten auf die Baufläche gelangen beziehungsweise dafür zu sorgen, dass sie durch Rampen hinausgeleitet werden.

 

■ Nach langem Hickhack steht inzwischen fest: Der Zaun kann stehen bleiben, nur gebaut werden darf zunächst nicht. Dabei hat das Unternehmen das Grundstück schon erworben und eine Baugenehmigung erhalten. Wie kann das sein?

Lukas Becker: Der Arten- und Naturschutz spielt derzeit für die Ausstellung der Baugenehmigung keine Rolle. Der Investor muss zusätzlich beim Naturschutzamt in Erfahrung bringen, was in der Hinsicht zu beachten ist. Ich würde jedem raten, diesen Schritt vorzuziehen, damit es am Ende kein böses Erwachen gibt.

 

■ Aucoteam wollte hier in Marzahn 18 Millionen Euro in ein Batterie-Testzentrum investieren und hat nun angekündigt, das Projekt am Standort nicht mehr weiterzuverfolgen. Auch andere potenzielle Investoren sind nervös.

Cindy Böhme: Das ist nachvollziehbar. Es ging zwar bei den juristischen Auseinandersetzungen immer nur um das besagte Grundstück, aber so eine Entscheidung strahlt natürlich auf den ganzen CleanTech Business Park aus. Aus unserer Sicht ist es nach wie vor möglich, sich hier niederzulassen.

Lukas Becker: Unsere Aufgabe ist es jetzt, das angekratzte Vertrauen in die Wirtschaftsförderung des Landes Berlin wieder herzustellen. Wir wollen den Unternehmen signalisieren, dass sie hier sehr wohl investieren und bauen können.

 

■ Wie wollen Sie das anstellen?

Lukas Becker: Wir haben uns vorgenommen, auf dem Aucoteam-Grundstück ein eigenes Gebäude als Referenz zu errichten, um Rahmenbedingungen für Ansiedlungen zu definieren. Dazu stehen wir im engen Austausch mit dem Bezirk und dem Senat. Die untere Naturschutzbehörde hat uns aufgetragen, den einen Hektar umfassend zu kartieren. Die letzte Erhebung war Bestandteil des B-Planverfahrens vor etwas mehr als zehn Jahren. Wir haben zu Ostern angefangen und sind damit bis zum Ende der Vegetationsperiode im Herbst beschäftigt. In den kommenden Wochen und Monaten rechnen wir mit den ersten Erkenntnisgewinnen zu Artenvorkommen und eventuell zusätzlich erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen. Anschließend könnten die bauvorbereitenden Maßnahmen starten.

 

■ Wie wird das Referenzgebäude später genutzt?

Lukas Becker: Vorgesehen ist ein hybrider Bau aus Werkhalle und Büro, der nach der Fertigstellung vermietet, verpachtet oder verkauft werden kann.

Cindy Böhme: Diese Kombination ist zum Beispiel im Technologiepark Adlershof schwer nachgefragt. Daher sind wir optimistisch, dass sich ein Abnehmer findet.

 

 

Info-Pavillon im CleanTech Business Park an der Bitterfelder Straße
Info-Pavillon im CleanTech Business Park an der Bitterfelder Straße

■ Vielen läuft die Entwicklung im CleanTech Park zu schleppend. Die WISTA wurde als Flächenvermarkterin 2021 ins Boot geholt, weil sie mit dem Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof eine sensationelle Erfolgsgeschichte geschrieben hat. Lassen sich die beiden Standorte überhaupt vergleichen?

Cindy Böhme: Adlershof sind am Anfang auch keine großen Chancen ausgerechnet worden, aber am Ende hat es doch funktioniert. Ansonsten lassen sich Ausgangslage und Rahmenbedingungen nicht vergleichen. Erstens gab es in Adlershof durchaus schon Infrastruktur und zweitens war die Zeit eine komplett andere. Alles hat sich in Berlin nach der Wende neusortiert. Vieles war möglich, um die Flächen zu füllen. 

Lukas Becker: Adlershof ist das beste Beispiel dafür, dass eine nachhaltige und resiliente Entwicklung Geduld braucht. Die Erwartung, jetzt kommt die WISTA und morgen ist der CleanTech Business Park belegt, schmeichelt uns, aber auch wir können keine Wunder vollbringen.

 

■ Was ist eine realistische Zielmarke?

Lukas Becker: Wenn wir es schaffen, in den nächsten zehn Jahren 50 Prozent der Fläche zu vergeben, sind wir auf einem guten Weg. Bei der Auswahl der Investoren bleiben wir aber weiterhin wählerisch. Mit Rechenzentren, Logistikunternehmen und Lagerhallen hätten wir das Areal mehrmals vollmachen können. Das geben die Förderbedingungen aber nicht her. Außerdem wollen wir Arbeitsplätze in den Bezirk holen.

 

■ Sind Sie nach wie vor zuversichtlich, Unternehmen zu finden, die ins CleanTech-Profil passen?

Cindy Böhme: Absolut. Das ist ja eine Zukunftsbranche, der sich immer mehr Unternehmen zuordnen lassen.

 

■ Mit wie vielen Unternehmen wäre der Industriepark denn voll?

Lukas Becker: Schwer zu sagen. Wir sprechen über 60 Hektar vermarktbare Fläche. Ein Interessent, die HH2E AG, hat ein fünf Hektar großes Grundstück ins Auge gefasst, Aucoteam wollte bekanntlich einen Hektar. Wenn wir demnach drei Hektar Flächenbedarf je Firma ansetzen, wäre auf dem Gelände für 20 Firmen Platz.

 

■ Sie machen in Marzahn inzwischen nicht nur Standortmarketing für den CleanTech Park, sondern für den kompletten 300 Hektar großen Berliner Zukunftsort CleanTech Marzahn, der sich vom Knorr-Bremse-Areal bis zur Wuhle erstreckt. Warum?

Lukas Becker: Wir wollen, dass sich ein Netzwerk entwickelt, in dem die ansässigen Unternehmen mit den künftigen zusammenarbeiten und Synergieeffekte erzielen. Seit ein paar Wochen ist die neue Website des Zukunftsortes online: cleantechmarzahn.com

Cindy Böhme: Die Unternehmen entlang der Boxberger Straße warten schon lange auf eine Aufwertung des Standorts im Zusammenhang mit der Entwicklung des CleanTech Business Parks. Ein großes Thema ist die Verkehrsinfrastruktur. Aber es geht auch um zusätzliche Angebote, die das Arbeiten am Standort attraktiver machen – Gastronomie zum Beispiel.