„Ein guter Tag für Berlin“

Große Worte bei Grundsteinlegung im Georg-Knorr-Park in Marzahn

„Ein guter Tag für Berlin“

Mit Politprominenz und markigen Worten ist am Montag im Georg-Knorr-Park in Marzahn der Grundstein für eines der größten neuen Stadtquartiere Berlins gelegt worden. Unter dem Projektnamen „Konnekt“ sollen im östlichen Teil des historischen Knorr-Bremse-Areals auf einer rund 9,4 Hektar großen Fläche in den kommenden Jahren 1.600 Mietwohnungen, 22.000 Quadratmeter Gewerbeflächen, eine Kita sowie Begegnungsorte für Nachbarn, Kinder und Jugendliche entstehen. Anfang Oktober hatte der Senat die Planreife für das viel diskutierte Bauvorhaben erklärt. 

„Diese Grundsteinlegung ist nicht nur ein guter Tag für Marzahn, sondern ein guter Tag für Berlin“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bei der Zeremonie. Auf der ehemaligen Industriefläche werde sichtbar, wie sich „Transformation im besten Sinne“ gestalten lasse, sagte er. Zudem lobte Wegner die Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Howoge und den privaten Unternehmen Laborgh und Kondor Wessels. Die Wohnungsfrage sei die soziale Frage unserer Zeit. Um sie zu lösen, brauche es das Miteinander von privaten Akteuren und landeseigenen Gesellschaften. Berlin brauche viel mehr solcher Projekte, betonte der CDU-Politiker. 

 

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) sprach von einem Meilenstein in der Berliner Wohnbauoffensive. Etwa 3.500 Menschen sollen im neuen Viertel künftig wohnen, darunter gezielt auch Auszubildende, Studierende sowie Seniorinnen und Senioren. Rund die Hälfte der Wohnungen werde mit öffentlichen Mitteln gefördert und damit mietpreisgebunden sein. Im ersten Bauabschnitt entstünden 270 Wohnungen, so Gaebler, der nicht verhehlte, wie sehr um das Vorhaben gerungen wurde. 2018 konnte sich die damalige Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) gegen Ex-Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die lieber den Wirtschaftsstandort weiterentwickelt hätte, durchsetzen. „Die Begeisterung des Bezirks hielt sich anfangs auch in Grenzen“, räumte der Senator ein und sprach von intensiven, „aber immer konstruktiven“ Diskussionen. Vor allem wegen der „Insellage“ – eingekesselt von Märkischer und Landsberger Allee, Bahngleisen, produzierendem Gewerbe und dem Parkfriedhof Marzahn – sowie der fehlenden sozialen Infrastruktur hatte sich das Bezirksamt bereits unter der damaligen Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) gegen eine Wohnbebauung ausgesprochen. Ein Konfliktthema ist nach wie vor die Schulversorgung. Die ursprünglich geplante Gemeinschaftsschule an der Otto-Rosenberg-Straße hat der Senat gestrichen. Im städtebaulichen Vertrag findet sich lediglich die Zusage, 138 Grundschulplätze im Neubau der Holzcompartment-Schule an der Bruno-Baum-Straße zu finanzieren – die allerdings befindet sich auf der anderen Seite des Marzahner Knotens. 

 

Visualisierung Gesamtansicht  © ioo Planungsgesellschaft
Visualisierung Gesamtansicht © ioo Planungsgesellschaft

 

Inzwischen begleitet das Vorhaben Politik, Verwaltung und Projektentwickler seit über einem Jahrzehnt. Der 50. Jour fixe mit dem Bezirksamt stehe in Kürze an, verriet Florian Lanz von der Laborgh Investment GmbH. Dass die Howoge das gesamte Projekt

übernehme, garantiere „dauerhaft bezahlbaren Wohnraum und eine soziale Durchmischung“, erklärte Lanz. „Wir haben nie aufgehört, an dieses Projekt zu glauben“ – trotz veränderter Rahmenbedingungen durch Pandemie und Ukraine-Krieg, betonte Howoge-Geschäftsführer Ulrich Schiller. So mussten die ursprünglich bis zu 146 Meter hoch geplanten Wohntürme, die sich der britische Stararchitekt David Chipperfield ausgedacht hatte, aus Kostengründen empfindlich geschrumpft werden. Was bleibt, ist eine auffällig dichte Bebauung aus Hofhäusern, Hochhäusern und historischen Backsteinbauten. Die bewegte, auch von NS-Zwangsarbeit geprägte Geschichte des Ortes soll bei der Entwicklung nicht ausgeblendet werden: In Abstimmung mit der Denkmalpflege sei eine Ausstellung geplant, die diesen Teil der Historie beleuchte, heißt es in einer Pressemitteilung. 

 

Visualisierung Promenade, Blick Richtung Westen © HSA
Visualisierung Promenade, Blick Richtung Westen © HSA

 

Die Projektentwickler betonen die Zukunftsfähigkeit des neuen Quartiers. Dazu gehört neben einer weitgehend autofreien Erschließung – es soll eine Quartiersgarage geben und eine „gewerbegesäumte Fußgängerdurchquerung von West nach

Ost“ mit direkter Anbindung an den S-Bahnhof Marzahn – ein klimafreundliches Energiekonzept mit Photovoltaik auf den Dächern, Wärmepumpen und einem autarken regenerativen Wärmesystem. Gewerbeflächen sollen vor allem kleinteilige Unternehmen, urbane Dienstleistungen und kreative Branchen anziehen.

 

Rechtlich ist das Bauprojekt noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Die Bebaubarkeit des Geländes muss durch ein noch laufendes Bebauungsplanverfahren gesichert werden – begleitet von Altlastenuntersuchungen, Ausgleichsmaßnahmen, Denkmalschutzauflagen sowie Vereinbarungen zur Infrastrukturfinanzierung. Dieses Verfahren läuft noch. Möglich wird der Baubeginn trotzdem durch die „Planreife“-Erklärung des Senats. Sie erlaubt es, das Projekt schon vor Abschluss des B-Planverfahrens zu genehmigen – vorausgesetzt, die künftigen Festsetzungen stehen weitgehend fest. Damit kann „Konnekt“ bereits Realität werden, obwohl der Bebauungsplan selbst noch nicht rechtskräftig ist.